Glutamat. Harmlos oder Gefahr?

Glutamat wird zwar nach wie vor als Geschmacksverstärker bezeichnet, doch hat die moderne Wissenschaft herausgefunden, dass Glutamat einen eigenen Geschmack hat. Umami (“köstlich” oder “schmackhaft”) wird das pikante, würzige und bouillonartige Aroma in Japan genannt – und dieser Begriff hat sich mittlerweile in der westlichen Wissenschaft etabliert.[1]Die Forschung hat gezeigt, dass es fünf Geschmäcker gibt, die die Geschmackswahrnehmung physiologisch kennzeichnet: süß, scharf, bitter, sauer und umami. Umami als Geschmack zeigt proteinhaltige … weiterlesen

Glutamat ist das Salz der Aminosäure Glutaminsäure und wird als Natriumglutamat – ein weißes Pulver – beispielsweise pikanten Fertig- und Tiefkühlgerichten, Packerlsuppen und Gewürzmischungen zugesetzt. In asiatischen Ländern steht es vielfach sogar als Würzmittel auf dem Tisch.

In Kritik geraten ist Glutamat in den 70er-Jahren durch das so genannte “Chinarestaurant-Syndrom”: Immer wieder litten Menschen nach dem Genuss chinesischen Essens an Kribbeln oder Taubheit in Nacken, Armen und Rücken, Schwächegefühl und Herzklopfen. Als Auslöser der Beschwerden wurde der Geschmacksverstärker verdächtigt, der in der chinesischen Küche seit knapp 100 Jahren verwendet wird. Interessanterweise traten die Symptome überwiegend bei Amerikanern und Europäern auf, in China und Japan selbst ist die Unverträglichkeit so gut wie unbekannt.


Wirkungen von Glutamat und Glutaminsäure

Glutaminsäure bzw. ihre Salze, die Glutamate, kommen auch natürlicherweise in vielen Lebensmitteln vor, z.B. in Käse oder Tomaten. Auch der Körper selbst bildet täglich erhebliche Mengen der wichtigen Aminosäure. Natürliches freies Glutamat und das als Geschmacksverstärker eingesetzte Mononatriumglutamat werden vom menschlichen Körper gleich gut aufgenommen und verstoffwechselt. Die Aminosäure wird als Ausgangsstoff körpereigener Proteine benötigt und spielt als Botenstoff im Gehirn eine wichtige Rolle. Als Neurotransmitter ist Glutaminsäure unter anderem an der Schmerzübertragung, am Körperwachstum, an der Gewichtsregulierung und an der Appetitsteuerung beteiligt.

Die Zellen des Gehirns produzieren die benötigte Glutaminsäure selbst. Das über die Nahrung zugeführte Glutamat, so die Meinung der gängigen Wissenschaft, kann die Blut-Hirnschranke nicht passieren. Selbst bei einer glutaminsäurereichen Ernährung konnten keine erhöhten Konzentrationen im Gehirn festgestellt werden.

Kritiker sind jedoch anderer Ansicht. Ihrer Meinung nach ist die Blut-Hirnschranke nicht vollkommen dicht, sondern kann beispielsweise bei Erkrankungen wie Hirnhautentzündung, Alzheimer oder inneren Blutungen gestört sein. Bei einem Schlaganfall wird z.B. aus den Gehirnzellen Glutamat freigesetzt, das diese Zellen zerstören kann. Auch im Tierversuch konnten Wissenschaftler den zerstörenden Effekt auf das Gehirn beobachten. Aus diesem Grund wird Glutamat von kritischen Stimmen auch als Nervengift bezeichnet. So hält der Heidelberger Alzheimerforscher Professor Konrad Beyreuther einen Zusammenhang zu Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson für möglich. Eine schädigende Wirkung trete allerdings nur auf, wenn extrem hohe Dosen auf die Gehirnzellen einwirkten. Und dies ist beim gesunden Menschen selbst bei glutaminsäurereicher Ernährung unter anderem aufgrund der Blut-Hirnschranke äußerst unwahrscheinlich. Bei einer Störung des Gehirnstoffwechsels ist eine Schädigung jedoch zumindest denkbar.


Wie viel Glutamat nehmen wir zu uns?

Im Durchschnitt nimmt ein Mitteleuropäer nur etwa 0,3 bis 0,5 Gramm Glutamat pro Tag als Geschmacksverstärker auf. Allein aus Gemüse, Käse und Wurstwaren verzehren wir rund ein Gramm des natürlicherweise vorkommenden freien Glutamats (nur die freie Form besitzt die geschmacksverstärkende Wirkung). Spitzenreiter sind Roquefortkäse mit 1280, Parmesan mit 1200, Sojasoße mit 1090, Pilze (Dose) mit 240 und Tomaten mit 140 Milligramm pro 100 Gramm. Zusätzlich kommen rund 10 bis 20 Gramm natürliches, an Proteine gebundenes Glutamat auf den Tisch, und etwa 50 Gramm bildet der Körper täglich selbst. Je nach Essgewohnheiten kann die Aufnahme an Glutamat bei einzelnen Personen allerdings deutlich höher liegen. Wer regelmäßig Suppenwürfel, Hefeextrakte und Packerlsuppen verwendet oder täglich Pizza und Kartoffelchips isst, kommt leicht auf Mengen über 1 Gramm pro Tag. Aber selbst mit einer glutamatreichen Kost erreichen wir lediglich die Mengen, die in asiatischen Ländern üblich sind. Rund 1,2 bis 1,7 Gramm an Geschmacksverstärker werden dort im Schnitt am Tag verspeist. Und von einer besonderen Häufung von Alzheimer oder Parkinson in China oder Japan ist nichts bekannt, auch wenn die Erkrankungsrate dort – wie in den westlichen Ländern – ansteigt.


Empfehlungen der Expertengremien

Aufgrund der wissenschaftlichen Datenlage geben verschiedene nationale und internationale Expertengremien Entwarnung: Ein schädlicher Einfluss von freiem Glutamat auf den Menschen sei nicht nachzuweisen und der Einsatz als Geschmacksverstärker daher unbedenklich. Trotzdem fordern die Experten weitere große Doppelblind-Studien. Einzelne Personen reagieren nachweislich sensibel auf Glutamat. So weisen möglicherweise schwer Asthmakranke eine besondere Glutamat-Empfindlichkeit auf.

Wer jedoch keine Unverträglichkeit auf glutamathältige Speisen zeigt, für den wird der gelegentliche Genuss von Fertigsuppen oder Kartoffelchips, so der derzeitige Wissensstand, sicher keine Folgen haben. Vor der Aufnahme größerer Mengen ist allerdings abzuraten, insbesondere Kindern und Jugendlichen – aus kulinarischen Gründen, denn wer sich regelmäßig dem Einheitsgeschmack von Glutamat aussetzt, verliert die Sensibilität für das natürliche Aroma von Lebensmitteln. Zudem soll der Geschmacksverstärker den Appetit anregen und kann so möglicherweise zu Übergewicht beitragen.


Kritische Stimmen

Manche Forscher, wie z.B. der Altzheimer-Forscher Konrad Beyreuther (Universität Heidelberg und Stadtrat für Lebens- und Gesundheitsschutz der Badenwürttembergischen Landesregierung), sehen die Zunahme an Zusatzstoffen, die wir mit der modernen Ernährung zu uns nehmen, und die Abnahme der “natürlichen” Nahrungsbestandteile (z.B. Omega-3-Fettsäuren[2]Frei lebende Büffel hatten noch etwa 30 Prozent Omega-3-Fettsäuren in Milch und Fleisch, moderne Hochleistungsrinder nur noch 2 Prozent.) als höchst problematisch. So hat sich die weltweite Produktion von Glutamat seit 1996 fast verdoppelt – auf 1,5 Millionen Tonnen, und die Verzehrmengen an Farbstoffen, die unserer Nahrung beigefügt werden, habe sich vervielfacht. Nahmen die Forscher früher eine durchschnittliche Tagesdosis von 25 mg an, so schlucken heute bereits Kleinkinder bis zu 560 mg (EU-Studie).[3]Bei der Beurteilung und Zulassung von Zusatzstoffen sollten daher, so fordern Forscher wie Beyreuther, nicht nur das Krebsrisiko und mögliche Schäden für das Erbgut geprüft werden, sondern auch, … weiterlesen


Quellen

  • Dittrich, K.: Glutamat: Harmlos oder Nervengift?  in UGB-Forum 2 / 04 , S. 100 – 101
  • Der Standard vom 24./25. 1. 2005″ (Der Mensch isst sich um seinen Verstand”)

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Die Forschung hat gezeigt, dass es fünf Geschmäcker gibt, die die Geschmackswahrnehmung physiologisch kennzeichnet: süß, scharf, bitter, sauer und umami. Umami als Geschmack zeigt proteinhaltige Nahrung wie Fleisch, Milch, Käse, Getreide und Gemüse an.
Neben Glutamat lösen auch andere Aminosäuren und kleine Peptide den Umamigeschmack aus. Der Umami-Geschmack wird zudem durch Nukleotide wie Inosin-, Adenosin- und Guanosinmonophosphat gesteigert. Diese Stoffe, die selbst geschmacklos sind, entstammen dem Nukleinsäurestoffwechsel und sind in Fleisch, Fisch, Krebstieren, Tintenfischen, Zwiebeln, Tomaten und insbesondere in Shitake-Pilzen vorhanden.
2 Frei lebende Büffel hatten noch etwa 30 Prozent Omega-3-Fettsäuren in Milch und Fleisch, moderne Hochleistungsrinder nur noch 2 Prozent.
3 Bei der Beurteilung und Zulassung von Zusatzstoffen sollten daher, so fordern Forscher wie Beyreuther, nicht nur das Krebsrisiko und mögliche Schäden für das Erbgut geprüft werden, sondern auch, ob sie das Hirn schädigen können. Nämlich auch die harmlos anmutende Zitronensäure (z.B. in Limonade und Fertiggerichten) steht in Verdacht – als eine Art “Trojanisches Pferd” den Transport von Aluminium ins Gehirn zu befördern und so das Altzheimer-Risiko zu erhöhen. Und Erythrosis (E 127) zeigt, Studien zufolge, die Eigenschaft, die Aufnahme von Nervenbotenstoffen (Neurotransmitter) zu verlangsamen, Tartrazin (E 102) hingegen verstärkt bei Kindern mit “Zappelphilipp-Syndrom” deren Hyperaktivität und Aggressivität.