Nahrungsmittelallergien

Von einer Nahrungsmittelallergie (Lebensmittelallergie) spricht man dann, wenn das Immunsystem auf einen bestimmten Stoff in der Nahrung allergisch reagiert. Etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung reagieren allergisch auf bestimmte Lebensmittel, wenngleich viel mehr Menschen dieser Ansicht sind. Bei Kindern liegt der Prozentsatz etwas höher, doch bildet sich im Erwachsenenalter bei einem Teil der Kinder die Allergie wieder zurück.

Eine Allergie ist eine Krankheit, die sich im Abwehrsystem des Körpers (Immunsystem) abspielt. Um den Körper zu schützen, versucht das Immunsystem verschiedenste, ihm gefährlich scheinende Fremdstoffe zu erkennen und abzuwehren. Überempfindliche Menschen reagieren allerdings auch auf Stoffe, die andere reaktionslos vertragen und eigentlich keine Bedrohung für unseren Körper darstellen. Beim ersten Kontakt mit dem allergieauslösenden Nahrungsmittel erkennt das Immunsystem ein Eiweiß (fälschlicherweise) für gefährlich und beginnt Antikörper der Klasse IgE zu produzieren. Bei jedem weiteren Kontakt mit dem Stoff erkennt das Immunsystem diesen Stoff wieder und wehrt ihn schnell und intensiv ab. Dadurch kommt es zu einer allergischen Reaktion.

Bei einer Nahrungsmittelallergie erkennt das Abwehrsystem bestimmte Nahrungsbestandteile als fremd und gefährlich und setzt einen Abwehrprozess in Gang. Über die Vermittlung verschiedener Zellen werden ungewöhnlich große Mengen von Abwehrstoffen (Antikörper vom Typ IgE) gebildet. Sie binden sich an bestimmte Zellen und veranlassen diese, Histamin und andere Gewebshormone freizusetzen.

Histamin ist für viele Reaktionen des Körpers bei einer Allergie verantwortlich wie Hautrötung, Schwellung, Verengung der Luftröhre und Erhöhung der Durchlässigkeit für Flüssigkeit aus den Blutgefäßen. Dadurch kommt es besonders an den Schleimhäuten von Darm, Auge, Nase und Bronchien und an der Haut zu heftigen Reaktionen sowie Durchfall, tränende Augen, laufende Nase, Asthmaanfall mit Atemnot, Ausschlag oder Rötung und Jucken der Haut.

Typische Nahrungsmittelallergien im Säuglings- und Kleinkindalter sind Allergien gegen Milch, Eier, Fleisch, Fisch, Nüsse und in zunehmenden Ausmaß gegen Soja. Bei starken Sensibilisierungen kommt es auch zu allergischen Reaktionen auf die Muttermilch, die alle Allergene derjenigen Nahrungsmittel enthalten kann, welche die Mutter zu sich nimmt.

Nahrungsmittelallergien im Jugend- und Erwachsenenalter sind sehr häufig keine „genuinen“ Nahrungsmittelallergien, in dem Sinn, dass die ursprüngliche Sensibilisierung gegen die Nahrungsmittel erfolgt ist, sondern um sekundäre Nahrungsmittelallergien infolge von Kreuzallergien, bei denen die ursprüngliche Sensibilisierung gegen zum Beispiel ein Inhalationsallergen (etwa Pollen) gerichtet ist.


Welche Nahrungsmittel sind Allergie auslösend?

Grundsätzlich kann jedes Lebensmittel (eigentlich dessen Inhaltsstoffe) allergen wirken, jedoch sind die allergischen Potenziale unterschiedlich. Am häufigsten sind Allergien gegen Schalentiere (wie Krebs, Garnele, Hummer), Milch, Sojabohnen, Weizen, Hühnerei, Nüsse, Erdnüsse und diverse Obst- und Gemüsesorten (wie Stein- und Kernobst, Sellerie, Gewürze und Kräuter). Seltener sind Fisch, Fleisch, Hefe und Schimmelpilze Allergie auslösend.


Was unterscheidet eine Nahrungsmittel-Allergie von einer Nahrungsmittel-Unverträglichkeit?

Im Gegensatz zur Allergie kommt es bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit zu keiner Immunreaktion. Das heißt, es sind keine Antikörper vom Typ IgE an der Reaktion mit den Nahrungsmitteln beteiligt. Trotzdem aber wird das Gewebshormon Histamin freigesetzt. Dies geschieht direkt durch die pharmakologische Wirkung bei beispielsweise Erdbeeren oder Tomaten, die Histamin freisetzen, oder durch Lebensmittel, die viel Histamin enthalten, das seine pharmakologische Wirkung entfaltet.

Ein wichtiger Aspekt einer Nehrungsmittel-Unverträglichkeit ist ein Enzymmangel, zum Beispiel ein Mangel an dem Enzym Laktase, das für die Milchzuckerverdauung notwendig ist. In diesem Fall kann der betroffene Mensch oft durchaus kleine Mengen Milch zu sich nehmen, wohingegen es bei einer Allergie schon bei kleinen Mengen zu Beschwerden kommt (vgl. Laktose- und Fruktoseintoleranz).


Allergie auslösende Nahrungsmittel

Im Prinzip können alle Lebensmittel eine allergische Reaktion hervorrufen. Am häufigsten sind bei Kindern Allergien gegen Milch, Ei, Sojabohnen, Weizen. Diese Allergieformen heilen mit dem Älterwerden aber oft aus. Erwachsene hingegen leiden meist an pollenassoziierten Nahrungsmittelallergien, z.B. gegen Nüsse sowie Obst- und Gemüsesorten oder Gewürze. Häufige Formen der Allergie sind Milch-Allergie und Ei-Allergie, selten und gefährlich sind Allergien gegen Erdnüsse, Fische und Meeresfrüchte.


Milch-Allergie

Auslöser der allergischen Reaktionen ist das Protein der Milch. Bislang sind fünf verschiedene Eiweiß-Komponenten bekannt sind, von denen vor allem Casein und ß-Lactoglobulin als häufigste Auslöser gelten. Da nicht jeder Betroffene auf alle fünf Komponenten von Kuhmilch allergisch reagiert, wird teilweise gekochte Milch oder ein Sauermilchprodukt vertragen.

Milch, das ist zu beachten, wird zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt, als Bindemittel in Fertigprodukten ebenso wie zur Aufwertung des Eiweißgehaltes in Fleischerzeugnissen, zur Verfeinerung von Feinkostsalaten und als Flüssigkeitszugabe in Kuchen, Brot und Gebäck. Wichtig ist es für Kuhmilch-Allergiker daher, das Zutatenverzeichnis genau zu lesen. Hinweise auf Milcheiweiß liefern Begriffe wie: Molkenprotein, Süßmolke, Sauermolke, Casein oder Caseinate.

Zu der breiten Palette der Milchprodukte, die im Zweifelsfall gemieden werden müssen, gehören neben Milch und Rahm (Sahne) auch Joghurt, Sauerrahm, Topfen (Quark), diverse Wurstwaren, Fleischkonserven und Heringsalat. Auch Brot und Gebäck können Milch enthalten, so z.B. Grahambrot, Semmeln und Hefezopf (Striezel), aber auch Waffeln, Kuchen, Omlette (Pfannkuchen), Kartoffelfertigprodukte, Nougatcreme, Pudding, Eis (Milcheissorten), Schokolade, Karamellbonbons, viele fertige Saucen, Mayonnaise und Ketchup.


Hühnerei-Allergie

Auch hier fungieren nur bestimmte Proteine (Eiweiße) als Allergieauslöser. Einige Allergene des Eies – z.B. das Ovalbumin – werden zwar teilweise durch Erhitzen zerstört, andere Eiweißkomponenten sind jedoch hitzestabil, weshalb Ei in jeder Form gemieden werden muss.

In der Deklaration von Nahrungsmittel muss man auf Begriffe wie Vollei, Eiklar, Weissei, Eigelb achten. Vermeiden sollte man Eierspeisen aller Art, viele Teig- und Backwaren sowie Knödel (sofern sie nicht explizit ohne Ei hergestellt wurden). Ei ist darüber hinaus enthalten in vielen Saucen, Cremespeisen, Mayonnaise (als Emulgator), Süßspeisen (als Lockerungsmittel), Gemüse-Fertiggerichten, Bonbons wie auch Suppen, Aspik und Campari.


Kreuzallergien (ineinander übergehende Allergien)

Einige Allergien sind mit sogenannten Kreuzallergien assoziiert, d.h. außer auf das Allergen selber reagiert man auch noch auf Nahrungsmittel sensibel, deren Allergene einander ähneln.

Birkenpollen z.B. reagieren kreuzweise mit Nusssorten, Äpfeln, Birnen, Kirschen, Walnüssen, Mandeln, Pflaumen, Kiwi, Kartoffelschale, Tomaten und Karotten. Eine Allergie gegen Birkenpollen kann deshalb auch allergische Reaktionen gegen diese Obst- und Gemüsesorten hervorrufen. Diese Allergieformen sind meist unangenehm, aber nicht gefährlich.

Beifußpollen reagieren überkreuz mit Sellerie, Gewürzen und Karotten. Diese Allergieform hingegen kann auch starke Allergiereaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock hervorrufen.


Symptome einer Nahrungsmittelallergie

Symptome sind eine Schwellung von Gesicht, Lippen und Zunge, Erbrechen, Magenkrämpfe und Durchfall, plötzlich rinnende Nase, verstopfte Nase durch das Anschwellen der Schleimhäute, Niesattacken Bindehautentzündung (Konjunktivitis) mit juckenden, geröteten und tränenden Augen und erhöhter Lichtempfindlichkeit, Juckreiz der Schleimhäute mit Kratzen und Anschwellen im Mund- und Rachenbereich, Husten und Atemnot bis hin zu Asthma-Anfälle (anfallsartige, schwere Atemnot mit Verengung der Atemwege, juckende Haut, Schwellung, Nesselausschlag mit Quaddeln, Ekzeme (nichtinfektiöse Entzündungen der Haut und Schleimhaut), Blutdruckabfall, sehr selten kommt es auch zu einem ananphylaktischen Schock (Schockreaktion mit möglichem Kreislaufzusammenbruch) – vor allem als Folge einer Kreuzreaktion zwischen eingeatmeten Allergenen und Lebensmittelallergenen

Typischerweise treten die Symptome der Nahrungsmittelallergie bereits kurz nach dem Verzehr des allergenen Lebensmittels auf und klingen bei Vermeidung des Lebensmittels ebenfalls schnell wieder ab. In der Regel geschieht dies innerhalb der ersten 30 bis 60 Minjuten nach der Nahrungsaufnahme, seltener kommt es nach einigen Stunden zu einer allergischen Reaktion. Verzögerte Reaktionen können allerdings auch noch Tage nach der Nahrungsaufnahme stattfinden.


Diagnose

Im ersten Schritt erstellt der Arzt eine Krankengeschichte und sucht Stoffe, die in diesem Fall die allergische Reaktion ausgelöst haben könnten. Nach dem Ausschließen anderer Erkrankungen (von Nahrungsmittelunverträglichkeiten über chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerose bis hin zu leichteren Vergiftungen) wird eine Nahrungsmittelallergie durch einen Hauttest am Unterarm oder auf dem Rücken (Pricktest) oder einem Bluttest (Messung der Konzentration eines bestimmten Antigens: Radio-Allergen-Sorbent-Test).


Behandlung

Das Wichtigste im Umgang mit Nahrungsmittel-Allergien liegt im Vermeiden der Lebensmittel bzw. Inhaltsstoffe, die Probleme auslösen („Karenzkost“). Wichtig ist jedoch, nicht einfach nur Nahrungsmittel wegzulassen, sondern zugleich auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Problematisch sind allerdings versteckte Nahrungsmittelallergene wie z. B. ist Soja, das in vielen Nahrungsmitteln enthalten ist, obwohl es nicht in der Zutatenliste auftaucht (Soja wird als Eindick- und Bindemittel verwendet und ist in Fertiggerichten, Backwaren, Süßigkeiten, Fleischprodukten und Getränken zu finden).

Die Krankheit kann medizinisch nicht geheilt werden, es gibt aber verschiedene Mittel, schulmedizinisch eingesetzt werden:

Antihistaminika, antiallergische Augentropfen, abschwellende Nasentropfen, Mastzellen-Stabilisatoren (Cromoglicinsäure), die die die Ausschüttung von Histamin verhindern, Cortison und Beta-Sympathomimetika.

Falls schon einmal Schockreaktionen aufgetreten sind, ist es sinnvoll, eine Schockapotheke mit Antihistamin, Cortison und einem Adrenalin-Selbstinjektionsgerät bei sich zu haben.


Vorbeugung

Um Lebensmittelallergien vorzubeugen, wird empfohlen, nicht zu oft, vor allem nicht täglich, die gleichen Lebensmittel zu essen. Grundsätzlich ist bei Allergien der häufige Kontakt ein weitverbreiteter Auslöser.