Ergebnisse der KlientInnenbefragung des Forschungsprojektes der European Shiatsu Federation – Phase 2

Anfang Dezember 2007 ist der Abschlussbericht der von der European Shiatsu Federation (ESF) in Auftrag gegebenen Studie “The Effects and Experience of Shiatsu: A Cross-European Study” erschienen.

Durchgeführt wurde die Studie von Andrew F. Long (School of Healthcare, University of Leeds) und wurde im Herbst 2005 als eine Dreiländerstudie in Auftrag gegeben. Die Forschungsziele waren Wahrnehmungen von Shiatsu-Empfangenden über kurz- und längerfristige Wirkungen und Erfahrungen mit Shiatsu ebenso wie Einblicke in die individuellen Zugänge von Shiatsu-Praktizierenden. Durchgeführt wurde die Studie in Österreich, Spanien und Großbritannien in Form einer (longitudinalen) Kohortenstudie. Jede/r Shiatsu-Praktizierende mit einem Grundmaß an Praxiserfahrung, die/der an der Studie teilnahm, wurde gebeten bis zu 16 erwachsene KlientInnen für die Teilnahme an der Studie zu gewinnen. Bis zu fünf von ihnen sollten “neu” sein, d.h. entweder noch nie Shiatsu erhalten haben oder erstmalig bei dieser Shiatsu-PraktikerIn. Jede KlientIn wurde gebeten insgesamt vier Fragebögen auszufüllen, den ersten zu Beginn der Shiatsu-Sitzungen (“Baseline”), den zweiten vier bis sechs Tage nach der ersten Shiatsu-Sitzung, den dritten nach drei und den vierten nach vier Monaten.[1]Der gesamte Abschlussbericht (Full Report) ist unter unter www.shiatsu-austria.at/wp-content/uploads/ESF-Research-study-Final-Report.pdf nachzulesen.

Insgesamt 948 Shiatsu-Empfangende nahmen and der Studie teil, 633 (67 Prozent) haben alle vier Fragebögen ausgefüllt und an die University of Leeds geschickt. In Österreich waren es insgesamt 371 KlientInnen und 261 füllten alle vier Fragebögen aus (70 Prozent), in Spanien 189 und 93 (49 Prozent) und in Großbritannien 388 KlientInnen, von denen 279 alle Fragebögen retourierten (72 Prozent). Die wichtigsten Ergebnisse der Studie waren: Wer nimmt Shiatsu aus welchem Grund in Anspruch?

Die typische Shiatsu-KlientIn ist weiblich, in den 40ern, angestellt, hat Shiatsu schon einmal kennen gelernt und ist in guter oder ausgezeichneter körperlicher Verfassung. In Großbritannien liegt der Altersdurchschnitt etwas höher, hier sind Shiatsu-Empfangende durchschnittlich etwa 50 Jahre alt.

Ein wesentlicher Grund für die erste Shiatsu-Sitzung überhaupt war bei fast einem Drittel der befragten KlientInnen Neugierde, der Grund für die aktuellen Shiatsu-Sitzungen “die Gesundheit zu bewahren oder zu verbessern” und – an zweiter und dritter Stelle – ” etwas für sich zu tun” sowie die “persönliche Entwicklung”.


Was erwarten sich KlientInnen von den Shiatsu-Sitzungen?

Bei dieser Frage zeigte sich ein breites Feld an Erwartungen. Viele KlientInnen, die Shiatsu schon vorher einmal erfahren hatten, bezogen sich auf ihre positiven Erfahrungen mit den früheren Shiatsu-Behandlungen. In allen drei Ländern standen die gleichen sieben wichtigsten Erwartungen im Vordergrund (wobei es bemerkenswert war, dass sowohl die erfahrenen als auch neuen Shiatsu-Empfangenden eine Vertrautheit mit der Sprache des Shiatsu zeigten): Energie-Arbeit (energy work), Stärkung des Selbstwertes (self-enhancement), Entspannung oder Stress-Reduktion (relaxation or stress reduction), Beschwerdefreiheit (gaining physical relief from symptoms), Linderung von spezifischen Symptomen (alleviation of the symptoms of particular conditions), emotionale Hilfe und Unterstützung (emotional help and support) sowie Stärkung der Bewusstheit von Körper und Geist (enhancing awareness of mind body).


Beziehung zwischen KlientIn und PraktikerIn

Die Beziehung zwischen KlientIn und PraktikerIn wird überwiegend als positiv beschrieben. KlientInnen erleben in einem hohen Ausmaß, dass ihnen zugehört wird und dass sie akzeptiert werden. Die PraktikerIn wird überwiegend als vertrauensvoll, geschickt und generell als “warm” wahrgenommen.


Unmittelbare Wirkungen von Shiatsu

Unmittelbare Wirkungen, die während oder gleich nach der Shiatsu-Sitzung wahrgenommen wurden, sind die Wahrnehmung, dass sich energetische Blockaden gelöst haben, dass sich körperliche und emotionale Veränderungen zeigen, dass sich die KlientInnen entspannter, ruhiger und energetisierter erleben oder fähiger mit Anforderungen umzugehen und balancierter.


Sicherheit und negative Auswirkungen von Shiatsu

Unangenehme Erfahrungen wurden von 12 bis 22 Prozent der befragten Shiatsu-Empfangenden angegeben. Die höchsten Antwortraten fanden sich dabei bei der zweiten Befragung (vier bis sechs Tage nach der Behandlung) mit 18 bis 21 Prozent, die niedrigsten bei der vierten Befragung (sechs Monate nach der ersten Behandlung) mit 12 bis 17 Prozent.

Über vier Fünftel (82 Prozent) der von den KlientInnen angegebenen negativen Reaktionen wurde als vorübergehend klassifiziert, d.h. die anfänglich negativ anmutende Wirkung war nur vorübergehend und wandelte sich in eine positive Auswirkung. Nur ein kleiner Prozentsatz der negativen Auswirkungen (3 Prozent) lassen sich als “unerwünscht”, “potentiell gegenteiliger Effekt” oder als “ein Effekt, der die Sicherheit der KlientIn gefährdet” klassifizieren.


Längerfristige Wirkungen von Shiatsu

In der Untersuchung fand sich eine signifikante Verbesserung bei allen Beschwerden (Österreich und Großbritannien). Die größten Veränderungen ergaben sich bei Spannung und Stress, gefolgt von Problemen mit der Muskulatur, Gelenken oder Körperbereichen (inklusive Haltungsbeschwerden oder Rückenprobleme) – Beschwerden, die auch signifikante Verbesserungen bei den spanischen StudienteilnehmerInnen zeigten.

Generell zeigen sich Shiatsu-spezifische Wirkungen wie Verbesserung der allgemeinen Gesundheit, Vertrauen in die eigene Gesundheit, Hilfe bei der Verbesserung der Haltung, sich selbst besser zu verstehen, ein geändertes Verständnis des eigenen Körpers und eine bessere Fähigkeit mit Situationen umzugehen, sich zu entwickeln sowie menschlich zu reifen.

Ungefähr vier Fünftel der StudienteilnehmerInnen haben – auf Empfehlung der Shiatsu-PraktikerInnen als auch auf Grund der Erfahrungen der Shiatsu-Behandlungen – Veränderungen in ihrem Lebensstil durchgeführt. Diese betreffen beispielsweise mehr Entspannung in ihrem Alltagsleben, Körperübungen, diätetische Empfehlungen u.ä.m. Ein Drittel der Befragten hat zudem durch die Behandlungen Veränderungen erfahren, die ihren generellen Lebensstil betreffen, eine größere Bewusstheit für Körper und Geist wie auch ein höheres Ausmaß an Vertrauen und eine größere Fähigkeit “Loszulassen”.

Verändert hat sich auch der Umgang vieler Shiatsu-Empfangender mit ihrer Gesundheitsvorsorge und der Behandlung von Beschwerden, wobei insbesondere die Inanspruchnahme von komplementären medizinischen Behandlungsmethoden zugenommen hat.


Erwartungen und Zufriedenheit mit Shiatsu

Die überwiegende Mehrheit der Shiatsu-Empfangenden gaben an, dass ihre Erwartungen entweder erfüllt oder übertroffen wurden. Nur eine kleine Anzahl von KlientInnen (insgesamt fünf) gab an, dass die Resultate nicht ihren Erwartungen entsprachen. Wirtschaftliche Auswirkungen Deutlich zeigen sich während der Zeit der Shiatsu-Behandlungen eine Abnahme der Arzt- und Krankenhausbesuche und eine Reduktion von konventioneller Medizin. Das bedeutet ein großes Potential, Kosten am Gesundheitsmarkt durch Shiatsu einzusparen. Weitere Einsparungen können auch noch in Folge aus den Lebensstiländerungen (mit Körperübungen, mehr Ruhepausen und Entspannung sowie Umstellungen bei der Ernährung) erwartet werden.

Generell zeigt die Studie die Sicherheit von Shiatsu in der Anwendung und positive Auswirkungen innerhalb des untersuchten Zeitraums, wobei darüber hinaus andauernde positive Effekte sehr wahrscheinlich sind. Für die PraktikerInnen-Seite werden vom Studienleiter A.F. Long (“Executive Summary”) vor allem die folgenden Ergebnisse herausgestellt:

  • Es zeigt sich die Wichtigkeit von sorgfältiger Unterstützung über die Shiatsu-Sitzungen hinaus, insbesondere darin Heilungskrisen, energetische Veränderungen und Balancierungsprozesse verstehen zu helfen.
  • Es zeigt sich die Bedeutung und Effektivität von Ratschlägen und Empfehlungen über Möglichkeiten, den Lebensstil so zu verändern, dass die Gesundheit gefördert wird und sich ein größeres Gesundheitsbewusstsein entwickeln kann.
  • Shiatsu kann eine bedeutsame Rolle spielen im Bereich von Gesundheitserhaltung und der Vorbeugung von Erkrankungen.
  • Die KlientIn-PraktikerIn-Beziehung ist von großer Bedeutung, vor allem der Aspekt des “Zusammenarbeitens” zwischen KlientIn und PraktikerIn und die Rolle der KlientIn, (mehr) Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Der gesamte Abschlussbericht (Full Report) ist unter unter www.shiatsu-austria.at/wp-content/uploads/ESF-Research-study-Final-Report.pdf nachzulesen.