Lannoye-Report. Die wichtigsten Inhalte

Der Bericht des Europäischen Parlaments zur nicht-konventionellen Medizin (“Lannoye-Report”) wurde am 29. Mai 1997 mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet. Nachfolgend sind die – für Shiatsu – wichtigsten Inhalte des Reports angeführt (die Auflistung folgt einer Zusammenstellung von Seamus Connelly, dem damaligen Obmann der European Shiatsu Federation, im “Journal of Shiatsu & Oriental Therapy”, Issue 7, Jannuary 1998):

  • Überall in der EU setzt man nicht-konventionelle Medizin und Therapien ein.
  • Konventionelle und nicht-konventionelle Medizin können einander ergänzen, und diese Ansicht wird von manchen Ärzt*innen geteilt.
  • Man sollte eine freie Wahl an Therapiemethoden haben – vorausgesetzt die Sicherheit ist gewährleistet, man ist genau informiert über Sicherheit, Risiko und Wirksamkeit der Medizin und Therapien und man ist gegenüber unqualifizierten Personen geschützt.
  • Nicht-konventionelle Medizin kann eine Alternative oder ergänzend zur konventionellen Medizin sein.
  • Ein*e Ärzt*in darf jede Art von Medizin entsprechend seiner*ihrer Beurteilung und seinem*ihrem Gewissen anwenden.
  • Eine gewisse Anzahl von nicht-konventionellen Heilmethoden erfüllen folgende drei Kriterien: eine gesetzliche Anerkennung in einem der Mitgliedsstaaten, eine europäische Organisation und einen selbstregulierenden Mechanismus. Acht Therapien inklusive Shiatsu werden als solche genannt.
  • Die EU-Vertragsprinzipien von Bewegungsfreiheit innerhalb der Mitgliedsstaaten und die Gründungsfreiheit (d.h. das Recht seinen Beruf auszuüben) sind untergraben durch die unterschiedlichen Rechtslagen der Mitgliedsstaaten. Keine EU-Verordnung soll irgendwelche bereits existierende Rechte von Praktikern einschränken.
  • In manchen Staaten wurden bestimmte Therapien kürzlich geregelt.
  • Eine EU-Verordnung könnte der Öffentlichkeit Sicherheit geben und zugleich jeden Beruf verpflichten sich auf Europaebene zu organisieren.
  • Jede nicht-konventionelle Heilmethode sollte definiert werden und auf ihre Funktionsweise und Wirksamkeit untersucht werden, aber das soll unter Verwendung der üblichen wissenschaftlichen Methoden geschehen insbesondere der Naturwissenschaften und Statistik.
  • In den jeweiligen Disziplinen sollen staatliche Diplome verpflichtend sein. Ausbildung und Tätigkeit der nicht-konventionellen Praktiker muss den “allgemein medizinisch / gesundheitlichen Prinzipien entsprechen, die alle therapeutischen Handlungen regeln”.
  • Das Europäische Arzneimittelbuch sollte die Produkte, die in der nicht-konventionellen Medizin verwendet werden, miteinbeziehen; Monographien müssen für jedes Produkt hergestellt werden, um ihre Sicherheit und Wirksamkeit zu zeigen. Eine Gesetzgebung für Nahrungsmittelergänzungen wäre hilfreich.
  • Eine Übergangszeit wird nötig sein, damit derzeitige Praktiker den neuen Forderungen nachkommen können.

Der Antrag (und damit der, so Seamus Connelly, wichtigste Teil) verlangt,

  • dass die Europäische Kommission eine Erhebung über die Wirksamkeit und den Anwendungsbereich von allen nicht-konventionellen Heilmethoden durchführen soll, ebenso eine Studie über die Gesetzeslage in jedem der Mitgliedsstaaten.
  • dass die Kommission einen “Prozess der Anerkennung von nicht-konventionellen Heilmethoden in Gang setzt, falls es die obengenannten Studien zulassen”, um eine Gesetzgebung zu formulieren,die eine Unterscheidung zu ermöglichen zwischen nicht-konventioneller Medizin, die ergänzend ist, und einer, die die konventionelle Medizin ersetzt.
  • dass der Europäische Rat die Forschung fördert.
  • dass die Kommission über bereits erfolgte Studien berichtet (unter Budget line B – 7142 der Kommission), um sicherzustellen, dass bei den Untersuchungen über die Wirksamkeit von nicht-konventionellen Heilmethoden keine Organe von bedrohten Tierarten Verwendung finden.
  • dass die Kommission einen richtungsweisenden Vorschlag macht, der Ergänzungsnahrungsmittel von diätischen und medizinischen Produkten abgrenzt.