Auswirkungen sozialer Kontakte auf die Gesundheit

Wissenschaftler*innen von der Brigham Young University in Utah (Julianne Holt-Lunstad, Timothy B. Smith & J. Bradley Layton: “Social Relationships and Mortality Risk: A Meta-analytic Review”) haben 148 Studien mit Daten von 308.849 Menschen aus westlichen Ländern zum Sterberisiko analysiert. Demnach ist der Mangel an sozialen Beziehungen für die Gesundheit genauso schädlich wie das Rauchen von 15 Zigaretten am Tag und doppelt so schlimm wie Fettleibigkeit Ein weit gespanntes soziales Netz hingegen verringere die Sterberate um die Hälfte.

Im Schnitt hatten alle Studien die Teilnehmer*innen über einen Zeitraum von 7,5 Jahren beobachtet. In der Metaanalyse der Daten aller vorliegenden Untersuchungen konnten die Forscher*innen feststellen, dass die beobachteten Effekte auch bestehen blieben, wenn man Alter, Geschlecht und den sozialen Status, etwa den Beruf, berücksichtigt.

Dabei darf Einsamkeit nicht mit dem Dasein als Single verwechselt werden. Auch jahrelang verheiratete Paare mit Kindern leben nicht selten einsam nebeneinander her. Vielmehr sei ausschlaggebend, wie intensiv und zugewandt die Kontakte zu Freund*innen, Verwandten und Bekannten gepflegt werden, d.h. die soziale Integration: Die Forscher*innen glauben, dass sich das soziale Umfeld unter anderem deshalb auf die Gesundheit auswirkt, weil ein sozial aktiver Mensch ein höheres Verantwortungsbewusstsein hat. “Wer mit einer Gruppe verbunden ist und sich für andere Menschen verantwortlich fühlt, achtet auch mehr auf sich selbst und geht weniger Risiken ein”, sagt Julianne Holt-Lunstad, eine der Leiter*innen der Studie.

Sozialer Kontakt schütze nicht nur vor Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen samt ihren körperlichen Folgen. Vielmehr stärke das Leben im Freundeskreis das Immunsystem. Auch der Umgang mit Stress, der sich schließlich auf Herz und Kreislauf auswirkt, sei unter Freund*innen besser. Daher gilt den Forscher*innen: Wer sein soziales Umfeld hegt und pflegt, lebt länger, gesünder und vor allem glücklicher.

Bricht hingegen das soziale Netz zusammen, gehen damit auch Zuversicht, Freude und Rückhalt verloren. Betroffene leben dann oft isoliert, schleppen sich freudlos und resigniert durchs Leben und haben kein Vertrauen mehr in die Menschen. Das ist aber nicht nur schlimm für den einzelnen Menschen, der das erlebt, sondern auch gesundheitspolitisch relevant, denn wer einsam ist, wird mit größerer Wahrscheinlichkeit krank. Daher, so raten Forscher*innen, sollte vom Arzt, der Ärztin das soziale Umfeld ebenso ernst genommen werden wie der Tabakkonsum, das Ernährungsverhalten und die sportlichen Aktivitäten eines*einer Patient*in.

Der Mensch ist ein im Grunde soziales Wesen. Freundschaft, Gespräche, Liebe, Geborgenheit, all das funktioniert nur im Austausch mit anderen. Nur zu zweit kann sich der Mensch fortpflanzen und nur als Gemeinschaft kann er Zivilisationen hervorbringen. Das moderne Leben der industrialisierten Länder hat jedoch die Beziehungsgeflechte der Menschen nachhaltig verändert – und bringt, so wird befürchtet, immer mehr Einzelgänger*innen hervor. Einer der Studienautor*innen, Timothy B. Smith, warnt dabei zugleich davor, die neueren Kommunikationsmöglichkeiten in Zeiten des Internets und der modernen Technologie als Ersatz für ein echtes soziales Netzwerk zu sehen.

Im Vergleich mit anderen Risikofaktoren zeigte sich, dass Einsamkeit:

  • genauso schädlich ist wie der Konsum von 15 Zigaretten am Tag,
  • genauso viel schadet wie Alkoholmissbrauch,
  • schädlicher ist als keinen Sport zu treiben und
  • doppelt so schädlich ist wie Fettsucht.

“The influence of social relationships on risk for mortality is comparable with well-established risk factors for mortality”, so die Autoren als Zusammnfassung in ihrem Absract. Und Studienautor Smith ergänzt dazu in einem Interview: “Für den Menschen sind Beziehungen eine Selbstverständlichkeit. Wir sind wie Fische, die das Wasser gar nicht bemerken.”


Quellen