Der Aufbau von Muskeln & Muskelfasern

Die Muskulatur des Menschen macht beim Mann etwa 40 Prozent seines Körpergewichts aus, bei der Frau etwa 35 Prozent, und umfasst über 600 willkürliche Muskeln. Ein einzelner Muskel ist ein kontraktiles Organ, das durch die Abfolge von Anspannung (Kontraktion) und Entspannung innere oder äußere Strukturen des Körpers bewegen kann.[1]Als Muskulatur bezeichnet man ein Organsystem, das die Gesamtheit der Muskeln eines Lebewesens umfasst. Wird der Begriff in Zusammenhang mit anderen Körperteilen verwendet (wie z.B. in den … weiterlesen


Willkürliche und unwillkürliche Muskeln

Die willkürlichen Muskeln (Skelettmuskeln) sind ausführende Organe, die auf einen vom Nervensystem kommenden Reiz reagieren und eine bestimmte Bewegung ausführen. Sie können willkürlich angespannt werden und sich anschließend wieder entspannen.[2]Willkürliche Muskeln können allerdings auch als Reflex auf einen Reiz unwillkürlich reagieren. Bei den willkürlichen Muskeln unterscheidet man zusätzlich tiefliegende, nur mit Knochen verbundene Muskeln und solche, die auf einer Seite an der Haut ansetzen, wie z.B. Gesichtsmuskel, die die Gesichtshaut bewegen und damit die Mimik verändern.

Die (quer-)gestreiften Muskelfasern bestehen aus Zellen mit mehr als einem Zellkern. Mikroskopisch lassen sich an den Muskelfasern abwechselnd helle und dunkle Streifen erkennen, die durch Fäden (Filamente) zweier Proteine (Aktin und Myosin) gebildet werden.

Die unwillkürlichen Muskeln (glatte Muskeln) sind Teil der Eingeweidestruktur. Sie ermöglichen die von unserem Willen unabhängigen, automatischen Bewegungen der Organe, wie z.B. die Regulierung des Blutkreislaufs durch Einwirkung auf die arteriellen Gefäße oder die Fortbewegung der Nahrung im Verdauungstrakt. Die Kontraktionen der unwillkürlichen Muskeln erfolgen langsamer als die der Skelettmuskulatur, sind aber von längerer Dauer.

Die glatten Muskeln bilden die Wände der Eingeweideorgane wie Magen und Darm. Hier erfolgen langsame und unwillkürliche Kontraktionen, die minutenlang andauern können, ohne Erschöpfung hervorzurufen, weil sie einen geringen Sauerstoffverbrauch haben.[3]Anatomisch werden die verschiedenen Muskeln auch gruppiert in Ringmuskel, Hohlmuskel, spindelförmige Muskeln, federförmige Muskeln, mehrbäuchige Muskeln und mehrköpfige Muskeln. In Hinblick … weiterlesen

Die glatten Muskelfasern bestehen aus Zellen mit nur einem Zellkern, sind reich an Sarkoplasma (entspricht dem Zytoplasma der normalen Zelle), enthalten aber nur wenige kontraktile Elemente. Die glatten Muskelfaserzellen sind miteinander verbunden und ermöglichen so die Weiterleitung nervaler Reize.

Die dritte Art von Muskelgewebe kombiniert die Merkmale der quergestreiften und der glatten Muskulatur und findet sich ausschließlich in der Herzwand. Dieses Gewebe weist die Querstreifung von Skelettmuskeln auf, ist allerdings unwillkürlich gesteuert. Die Herzwand bildet das Myokard, das schnell und wiederholt, aber unwillkürlich kontrahiert.


Der grundlegende Aufbau einer (menschlichen) Muskelzelle

Die Muskelzelle ist in ihrem Aufbau prinzipiell vergleichbar mit anderen Körperzellen, weist aber auf Grund ihrer spezifischen Funktionen auch Unterschiede auf. Umgeben ist die Muskelzelle vom Sarkolemm[4]Vergleichbar der Zellmembran bei „normalen“ Körperzellen., das eine selektive Permeabilität (Durchlässigkeit) für organische Substanzen und Elektrolyte aufweist sowie die Fähigkeit zur Assoziation mit anderen Zellen. Die mit dem aktiven Transport gekoppelten Vorgänge, wie die Natrium-Kalium-Pumpe, sind hier lokalisiert.

Das Sarkoplasma ist eine elektrolyt- und proteinhaltige Flüssigkeit[5]Vergleichbar dem Zytoplasma bei „normalen“ Körperzellen.. Hier wird anaerob Energie gewonnen (Glykolyse), Glykogen[6]Glykogen ist die intrazelluläre Speicherform von Glukose (Zucker). synthetisiert und auch wieder abgebaut sowie Fettsäuren synthetisiert. Im Zytoplasma befinden sich auch die Energiespeicher der Zelle, wie z.B. Glykogenschollen und Fetttröpfchen.

Das sarkoplasmatische Retikulum[7]Vergleichbar dem endoplasmatische Retikulum bei „normalen“ Körperzellen. erstreckt sich, von der Zellmembran ausgehend, über das gesamte Zytoplasma. Es stellt ein intrazelluläres Transportsystem dar und ist teilweise von Ribosomen (kugelförmige Partikel) besetzt. Sarkoplasmatisches Retikulum und Ribosomen bilden den Ort der Proteinsynthese. Das sarkoplastische Retikulum ist zudem bei der Erregungsübertragung von der Oberfläche zum kontraktilen Fibullenapparat von großer Bedeutung.

Der Zellkern enthält, wie auch bei anderen Körperzellen, das genetische Material, besitzt die Fähigkeit zur identischen Verdoppelung und gibt das Muster für die Eiweißsynthese vor. Zusammen mit den Ribosomen ermöglicht er durch die Vermehrung der Eiweißstrukturen (Eiweißsynthese) das Größenwachstum (Hypertrophie) der Muskelzellen bei Wachstum und Training.

Die Mitochondrien sind die „Kraftwerke“ der Zellen. In ihnen findet die oxydative Verbrennung der energiereichen Substrate statt, die oxydative Phosphorylierung und Energiegewinnung. Auch die Enzyme des Zitratzyklus und der Atmungskette befinden sich in den Mitochondrien.


Die willkürliche Muskulatur (Skelettmuskulatur)

Jeder Skelettmuskel (oder eine Muskelgruppe) besteht aus einer Ansammlung mehrerer Muskelfaserbündel (Fasciculi).


Muskelfaser

Die Muskelfasern lagern sich zu Bündeln zusammen, wobei der Raum zwischen den eng benachbarten Muskelfasern von Endomysium aufgefüllt wird. Jeweils etwa 10 bis 50 Muskelfasern lagern sich zu Primärbündeln zusammen, die vom bindegewebigen Perimysioum internum umgeben werden. Einheiten aus mehreren Primärbündeln, so genannte Sekundärbündel, werden vom Perimysium externum umhüllt. Ein solches Muskelfaserbündel (Sekundärbündel) ist von Nerven und Kapillaren durchsetzt und hat einen Durchmesser von 0,1 bis 1 mm.

Alle Sekündärbündel eines Muskels (oder einer Muskelgruppe), d.h. der Muskel als Ganzes, sind von außen zudem von der Faszie, einer elastischen Bindegewebshülle umgeben, die straff, kollagen und silber-weiß-farbig ist. Sie hält den Muskel in der jeweiligen anatomischen Form zusammen.

Die Muskelfaszie setzt sich zusammen mit den Ausläufern der Peri- und Endomysien am Muskelende als Sehne aus straffem Bindegewebe fort, die dann an einem Knochen ansetzt. Die Sehne ist enorm druckfest und weist eine hohe Dehnbarkeit auf.

Jeder Muskel (jede Muskelgruppe) hat zwei oder mehr Ansatzpunkte auf den zu bewegenden Knochen. Das ermöglicht die Bewegung, die durch eine Muskelkontraktion ausgelöst wird, da sie einen Zug auf die Sehnen ausübt, was wiederum Zugkräfte auf die verbundenen Knochen bewirkt.

Die Hüllstrukturen aus den verschiedenen Bindegeweben ermöglichen die Verschieblichkeit der Muskelfasern, Muskelfasergruppen und Muskeln zueinander. Und die Elastizität des Bindegewebes sorgt zudem dafür, dass der Muskel nach einer Dehnung wieder in seine Ruhelage zurückkehrt.

Eine Muskelfaser ist eine langestreckte, zylindrisch geformte Muskelzelle, die zwischen 0,1 und 15 Zentimeter lang sein und bis zu 100 randständige Zellkerne enthalten kann.[8]Die Muskelzelle bildet ein so genanntes Synzytium, d.h. sie entstand durch die Verbindung von Vorgängerzellen, was die hohe Anzahl an Zellkernen erklärt. Ihr Durchmesser liegt bei etwa 20 Mikrometer. Im Sarkoplasma der Zellen (entspricht dem Zytoplasma anderer Zellen) sind neben den Mitochondrien und anderen subzellulären Strukturen Myofibrillen, kontraktile Eiweißfäden, eingelagert. Umhüllt ist die Muskelzelle vom Sarkolemm, einer elastischen Bindegewebshülle, die etwa 10 nm dick ist. Eine Muskelfaser enthält einige Hundert Myofibrillen.

Die fadenförmigen Myofibrillen machen ca. 85 Prozent des Muskelfaservolumens aus, haben einen Durchmesser von ca. 1 bis 2 Mikrometer und können bis zu 20 cm lang sein. Sie sind in Längsrichtung der Faser angeordnet und weisen eine zylindrische Form auf. Durch Z-Scheiben sind die Myofibrillen in etwa zwei Miktometer lange Abschnitte, die Sarkomere, unterteilt.

Umgeben sind die Myofibrillen von geschlossenen Kammern, dem sarkoplasmischen Retikulum, und vom Sarkoplasma, in dem sich u.a. Ionen, Gase, Energiespeicherstoffe wie ATP, KP, Glykogen und Fetttröpfchen, RNA, Aminosäuren, Proteine und weitere Zellorganellen befinden. Das sarkoplasmatische Retikulum dient der Speicherung von Calzium-Ionen.

Zu den wichtigsten Organellen (Zellorganen) gehören neben dem Zellkernen, die die genetischen Informationen der Zelle in Form der DNA tragen, die Mitochondrien, die “Kraftwerke der Zellen”[9]In den Mitochondrien findet die aerobe oxidative Energiegewinnung statt., und das sarkoplastische Retikulum, das als Calcium-Speicher maßgeblich an der Muskelkontraktion beteiligt ist. Weitere wichtige Zellorgane sind die Ribosomen, als Orte der Proteinsynthese, der Golgi-Apparat, die Lyosomen und Peroxisomen.


Sarkomere

Die Myofibrillen bestehen aus hintereinander gereihten Sarkomeren. die die kleinste funktionelle Einheit bilden und eine Länge von etwa 2 bis 2,5 Mikrometer haben. Sie zeigen einen regelmäßigen Aufbau und bestehen vor allem aus den krontraktilen Proteinen Myosin, Aktin und Titin, die Filamente (Proteinfäden) bilden. Um jedes Myosinfilament liegen sechs Aktinfilamente in hexagonaler Anordnung.[10]Die regelmäßige Anordnung der dicken und dünnen Filamente (Myosin- und Aktinfilamente) ist für die Querstreifung der (quergestreiften) Muskulatur im lichtmikroskopischen Erscheinungsbild … weiterlesen

 
Aktinfilament mit Troponin und Tropomyosin   

Aktin ist ein langes Protein, das sich aus kugelförmigen Untereinheiten, dem G-Actin zusammensetzt. Ein Aktinfilament besteht aus zwei umeinander gewundenen Strängen filamentartiger F-Aktine. Diesen Ketten aufgelagert sind die Regulatorproteine Troponin und Tropomyosin.

Myosin ist ein Protein aus “schweren” und “leichten” Aminosäureketten.[11]Die Kombination aus schweren und leichten Ketten machen wesentliche Unterschiede zwischen Typ-I- und Typ-II-Fasern aus. Die schwere Kette besteht aus einer langen Alpha-Helix an deren Ende jeweils zwei kugelige Abschnitte sitzen. Diese “Köpfchen” bestehen aus den Enden der “schweren” Ketten sowie je zwei zusätzlichen leichten Ketten.

In den Myosinfilamenten der Sarkomere sind jeweils etwa dreihundert solcher Myosinmoleküle zusammengefasst. Sie sind dort so angeordnet, dass die Myosinköpfchen immer aus den Molekülbündeln hervorragen.

Z-Scheiben (Z-Streifen, Z-Linien), die mit den dünnen, hellen Aktinfilamenten verbunden sind, begrenzen das Sarkomer an seinen beiden Enden. Die Aktinfilamente ragen dabei in zwei benachbarte Sarkomere und verbinden auf diese Weise die Sarkomere.

Zwischen den Enden der Aktinfilamente liegen die dicken und dunklen Myosinfilamente.


Aktin- und Myosinfilamente           

In der Mitte der Sarkomere (und damit auch in der Mitte der Myosinfilamente) befinden sich die M-Scheiben (M-Streifen). Die M- und Z-Scheiben dienen der Querstabiliserung der Aktin- und Myosinfilamente.

Der Bereich um die M-Scheiben, wo sich nur Myosinfilamente befinden, wird als H-Zone bezeichnet, der Bereich um die Z-Scheiben, wo sich nur Aktinfilamente befinden, als I-Band. Der Bereich zwischen zwei I-Bändern wird A-Band genannt.

Das Myosinfilament ist mit den M- und Z-Scheiben über das elastische Titinfilament verknüpft, das an das Myosinfilament gebunden zur M-Scheibe verläuft.[12]Titin wurde erst 1976 entdeckt. Es ist das größte bekannte menschliche Protein. Aufgabe des Titinfilaments ist es, das Myosinfilament während der Kontraktion zwischen den Z-Scheiben zu zentrieren und eine Federfunktion (passive Spannung) zu übernehmen (d.h. es verleiht dem Myosin elastische Rückstellkraft, wenn der Muskel gedehnt wird). Zudem wirkt Titin wie eine Art Sicherheitsgurt, um irreversible Schäden am Muskel infolge starker Überdehnung zu verhindern.

Jeweils zwei Titinfäden werden durch ein weiteres Protein, durch Telethonin, verbunden. Aus den Sarkomeren zu beiden Seiten der Z-Scheibe dringen andere Moleküle in das Verbindungsband Titin ein, so dass sich die Enden der Aktin-, Myosin- und Titinfilamente überlappten.


Quellen

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Als Muskulatur bezeichnet man ein Organsystem, das die Gesamtheit der Muskeln eines Lebewesens umfasst. Wird der Begriff in Zusammenhang mit anderen Körperteilen verwendet (wie z.B. in den Bezeichnungen Bauchmuskulatur oder Armmuskulatur), so bezieht er sich auf die Muskelgruppen des jeweiligen Körperbereichs und ihre Wechselwirkungen.
2 Willkürliche Muskeln können allerdings auch als Reflex auf einen Reiz unwillkürlich reagieren.
3

Anatomisch werden die verschiedenen Muskeln auch gruppiert in Ringmuskel, Hohlmuskel, spindelförmige Muskeln, federförmige Muskeln, mehrbäuchige Muskeln und mehrköpfige Muskeln.

In Hinblick auf die Zusammenarbeit unterteilt man Muskeln in zusammenwirkende und gegenspielende. Agonisten und Antagonisten (Gegenspieler) haben eine zueinander entgegengesetzte Wirkung. Synergisten wiederum haben eine gleiche oder ähnliche Wirkung wie die Agonisten (unterstützen deren Arbeit) und arbeiten deshalb bei vielen Bewegungsabläufen zusammen.

4 Vergleichbar der Zellmembran bei „normalen“ Körperzellen.
5 Vergleichbar dem Zytoplasma bei „normalen“ Körperzellen.
6 Glykogen ist die intrazelluläre Speicherform von Glukose (Zucker).
7 Vergleichbar dem endoplasmatische Retikulum bei „normalen“ Körperzellen.
8 Die Muskelzelle bildet ein so genanntes Synzytium, d.h. sie entstand durch die Verbindung von Vorgängerzellen, was die hohe Anzahl an Zellkernen erklärt.
9 In den Mitochondrien findet die aerobe oxidative Energiegewinnung statt.
10 Die regelmäßige Anordnung der dicken und dünnen Filamente (Myosin- und Aktinfilamente) ist für die Querstreifung der (quergestreiften) Muskulatur im lichtmikroskopischen Erscheinungsbild verantwortlich.
11 Die Kombination aus schweren und leichten Ketten machen wesentliche Unterschiede zwischen Typ-I- und Typ-II-Fasern aus.
12 Titin wurde erst 1976 entdeckt. Es ist das größte bekannte menschliche Protein.