Fastenkuren in der Traditionellen Chinesischen Medizin (Andrea Dungl-Zauner)

„Ältere Menschen sollten nicht zu üppige Mahlzeiten zu sich nehmen,
sondern lieber häufiger kleinere.
So können Magen und Milz die Speisen leichter verdauen
und die Nahrungsessenz wird immer für sie da sein.“
(Sun Si Miao, berühmter Arzt der Tang-Dynastie, 618–707 n. Chr.)

Jede Kultur hat eigene Formen der inneren Reinigung zur Entlastung des menschlichen Körpers von schlechten Essgewohnheiten entwickelt. Extremes Fasten und wiederholte Darmspülungen sind aus Sicht der chinesischen Medizin nicht zu empfehlen, weil dies das Qi erschöpft, und es zu Kältegefühl, Frösteln, Erschöpfungszuständen und Durchfall kommen kann. Bei Fülle-Syndromen, Feuchtigkeit- oder Schleimretention wie sie zum Beispiel durch unmäßige Essgewohnheiten hervorgerufen werden und mit Schleimbildung und Ablagerungen in Lunge und Dickdarm einhergehen können, sind Fastenperioden jedoch zu empfehlen. Eine »kleine Entschlackungskur« kann darin bestehen, alle denaturierten Nahrungsmittel wie Zucker und Süßigkeiten, Brot und Backwaren mit weißem Mehl sowie jegliches tierisches Eiweiß in Form von Fleisch, Milchprodukten und Eiern wegzulassen.

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Eine kurze Fastenkur mit gedünstetem Gemüse, Suppen und Obst kann das »chinesische Fasten« erleichtern. Aus chinesischer Sicht eignen sich für solche Reinigungskuren besonders die Übergangszeit Winter zu Frühling und der Spätsommer. Solche sanften Fastenkuren führen zu einer besseren Verteilung des Qi und geringeren emotionalen Anspannungen. Anstatt abführender Tees können aufweichende Kräuter wie Faulbaumrinde, Leinsamen oder Sennesblätter unterstützend benutzt werden. Löwenzahn hat nicht nur in der westlichen Medizin eine entgiftende Wirkung. In der chinesischen Medizin reguliert er das Qi, vertreibt Hitze, wirkt fiebersenkend, entgiftend, blutreinigend und auflösend. Auch mild befeuchtende, ausleitende Arzneimittel wie Samen oder Nüsse, befeuchten den Darm und erleichtern den Stuhlgang. Zu dieser Gruppe der Arzneimittel gehören auch Gerstenkeime. Sie sind süß und leicht warm, unterstützen das Milz-Pankreas und Magensystem. Eine Abkochung der Keime (12 bis 30g) löst den Essensstau auf und stärkt den Magen. Außerdem fördert es den harmonischen Fluss des Leber Qi, eine häufige Problematik unserer hektischen Zeit. Blähungen, Druckgefühl in Brust oder Oberbauch, Aufstoßen oder Appetitlosigkeit sind nur einige Symptome des Leber-Qi-Stau.

Im Gegensatz zu den Gerstenkeimen sind Weizenkeime scharf und kalt. Sie unterstützen Magen und Dünndarm. Weizenkeime werden bei starken Hitzestörungen (Schwitzen) ebenso eingesetzt wie zum Entgiften.

Für die Aufbauphase nach dem Fasten eignen sich besonders schleimhauterneuernde Nahrungsmittel wie Eibischwurzel (Althea officinalis), Kombu-Algen, Leinsamen oder Bockshornkleesamen. Sie können als Abkochung getrunken oder als Pulver Speisen zugesetzt werden. Fülle-Typen sollten nach dem Fasten die Ernährung teilweise auf Rohkost umstellen und regelmäßig Qi-Gong betreiben. Dies wirkt sich auch auf ihren meist zu hohen Blutdruck positiv aus. Ausreichend Grüntee ergänzt das kleine Fasten.

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© Prof. Dr. med. Andrea Dungl-Zauner, Geschäftsführerin des Dungl Medical-Vital Ressorts in Gars/Kamp (www.willidungl.com) und Leiterin des Zentrums für Traditionelle Chinesische Medizin & Komplementärmedizin an der Donau-Universität in Krems (http://www.donau-uni.ac.at/de/studium/medizingesundheit/komplementaer/index.php).