Histamin-Intoleranz

Histamin ist ein Naturstoff, der im menschlichen oder tierischen Organismus als Gewebshormon und Neurotransmitter wirkt und auch im Pflanzenreich und in Bakterien weit verbreitet ist. Beim Menschen spielt Histamin eine zentrale Rolle bei allergischen Reaktionen und ist am Immunsystem beteiligt, d. h. an der Abwehr körperfremder Stoffe.

Ebenfalls als Bestandteil einer Abwehrreaktion kann die Wirkung von Histamin auf die Blutgefäße interpretiert werden. Es kontrahiert die großen Blutgefäße (mit einem Durchmesser von mehr als 80 µm) und führt zu einer Erweiterung kleinerer Blutgefäße verbunden mit Hautrötung. Auch im Magen-Darm-Trakt, bei der Regulation der Magensäureproduktion sowie im Zentralnervensystem bei der Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus und der Appetitkontrolle wirkt Histamin als wichtiger Regulator. Biochemisch ist es ein biogenes Amin, das durch Abspaltung von Kohlendioxid aus der Aminosäure Histidin gebildet wird.


Histamin-Intoleranz ist keine Allergie

Unter Histamin-Intoleranz (Histaminose) versteht man die Unverträglichkeit von mit der Nahrung aufgenommenem Histamin. Ursache ist ein Mangel an den Histamin abbauenden Enzymen Diaminoxidase (DAO) oder Histamin-N-Methyltransferase (HNMT) bzw. ein Missverhältnis zwischen Zufuhr und Abbau von Histamin.

Da Histamin bei Allergien eine zentrale Rolle spielt – bei Kontakt mit Allergie auslösenden Stoffen wie Gräsern, Blüten, Hausstaub oder Tierhaaren schüttet der Körper vermehrt Histamin aus und es zeigen sich die typischen allergischen Reaktionen wie Anschwellen der Schleimhäute, rinnende Nase oder Atembeschwerden -, wird die Histamin-Unverträglichkeit immer wieder mit einer Allergie verwechselt.

Im Unterschied dazu werden Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten aber vor allem durch spezielle Eiweißverbindungen in den Lebensmitteln hervorgerufen. Diese Eiweiße – biogene Amine – entstehen durch Reifung und Verdauung eiweißhaltiger Speisen wie Fisch, Käse und Wurst und führen, wenn sie im Körper nicht ausreichend abgebaut werden können – wie im Fall des Histamins – zu Durchfällen, Blähungen, Bauchschmerzen, -krämpfen und allergieähnlichen Reaktionen wie verlegte oder rinnende Nase, Kopfschmerzen, Atemschwierigkeiten sowie Hautausschlägen, Juckreiz, geschwollenen Augenlidern bis hin zu Gelenksbeschwerden und geschwollenen Gelenken (Ödeme). Allerdings, und das ist typisch für Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten, zeigen sich im Blut dabei keine allergischen Vorgänge.

Histamin wird zwar zu einem (geringen) Teil in unserem Körper selbst gebildet, wir führen es aber vor allem mit bestimmten Lebensmitteln in der Nahrung unserem Organismus zu. Wenn Menschen mit einer entsprechenden Unverträglichkeit Speisen mit hohem Histamingehalt essen, kommt es zu den typischen Beschwerden.


Ursachen und Auftreten von Histamin-Unverträglichkeit

Histamin wird im Organismus insbesondere durch das Enzym Diamin-Oxidase (DAO) abgebaut, das vom gesunden Menschen kontinuierlich produziert wird. DAO ist hauptsächlich im Dünndarm, Leber, Nieren und in den weißen Blutzellen sowie bei Schwangeren zusätzlich in der Plazenta zu finden. Diamin-Oxidase ist ein „empfindliches Enzym“, das von verschiedenen Substanzen wie Alkohol sowie diversen Medikamenten gehemmt werden kann.

Liegt nun ein Mangel der Histamin abbauenden Diamin-Oxidase oder ein Missverhältnis zwischen Histamin und DAO vor, spricht man von einer Histamin-Intoleranz, einer Unverträglichkeit von Histamin. Symptome treten auf, wenn der Organismus mit mehr Histamin belastet wird, als er abbauen kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob der erhöhte Histaminspiegel aus Nahrungsmitteln stammt oder vom Körper selbst gebildet wird.

Bei körperlicher Anstrengung und bei psychischem Stress schüttet unser Körper mehr Histamin aus und macht uns dadurch noch empfindlicher gegen histaminreiche Kost. Auch hormonelle Schwankungen im Rahmen des Menstruationszyklus führen phasenweise zu einer erhöhten Histaminempfindlichkeit. Zu beobachten ist auch, dass während einer Infektion oder Erkältung auf Histamin generell sensibler reagiert wird. Die Krankheitssymptome einer Histamin-Unverträglichkeit können zudem in der Schwangerschaft verschwinden, da in der Schwangerschaft die Diaminoxidase-Aktivität bis auf das 500fache erhöht ist. Nach der Entbindung treten die Beschwerden jedoch wieder auf.

Nach Ansicht mancher Ärzte ist die Histamin-Intoleranz nicht angeboren, sondern ein erworbenes Krankheitsbild, von dem knapp 1 % der europäischen Bevölkerung betroffen ist, Frauen sind viermal häufiger betroffen als Männer. Vier von fünf Betroffenen sind Frauen in der Altersgruppe um die 40.


Symptome einer Histamin-Unverträglichkeit

Mögliche Symptome nach Aufnahme histaminreicher Nahrung sind:

  • Hautrötung, Nesselsucht, Ekzeme, Juckreiz
  • Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen und -krämpfe
  • Kopfschmerzen, Hitzegefühl, Migräne, Schwindel
  • verengte oder rinnende Nase, Atembeschwerden, Halsschmerzen
  • Bluthochdruck (Hypertonie), Herzrasen (Tachykardie), Herzrhythmusstörungen
  • Menstruationsbeschwerden (Dysmenorrhoe), Blasenentzündung, Harnröhrenentzündung und Schleimhautreizungen weiblichen Genitalbereich
  • Wassereinlagerungen (Ödeme), Gelenkschmerzen
  • Erschöpfungszustände, Müdigkeit, Schlafstörungen


Histamin in unserer Nahrung

Histamin entsteht in bakteriell fermentierten Nahrungsmitteln, wie beispielsweise geräuchertem Fleisch, Salami, Schinken, Innereienm vielen Fischprodukte (insbesondere Fischkonserven). Meeresfrüchten, gereiften Käsesorten („Hartkäse“; je höher der Reifegrad, desto höher der Histamingehalt), Sauerkraut, eingelegtem Gemüse, Bier, Essig und essighaltigen Produkten wie Senf, Rotwein (je höher der Reifegrad, desto höher der Histamingehalt; trockene Weißweine enthalten kaum Histamin, Sekt ist ebenfalls zu empfehlen, französischer Champagner allerdings weist angeblich einen hohen Histamingehalt auf), Schokolade (auch Kakaogetränke und Schokolade in diversen Süßspeisen sind problematisch), Tomaten und Ketchup.

Mit der Reife- und Lagerungsdauer steigt der Histamingehalt in den einzelnen Lebensmitteln. Verdorbene Ware, vor allem verdorbener Fisch, weist enorme Histaminmengen auf. Grundsätzlich kann der Histamingehalt bei den einzelnen Nahrungsmitteln stark schwanken, was bedeutet, dass man das gleiche Lebensmittel einmal gut und einmal weniger gut verträgt. Ist die individuelle Toleranzgrenze überschritten, dann zeigen sich Symptome, die schon nach wenigen Minuten oder erst Stunden nach der histaminreichen Mahlzeit auftreten können.

Histamin ist in fast jedem Lebensmittel enthalten, vor allem in jenen, an deren Erzeugung und Reifungsprozess Mikroorganismen beteiligt sind. Der Histamingehalt kann je nach Sorte, Reifegrad, Haltbarmachung und Lagerdauer stark schwanken. Frische Lebensmittel (mit Ausnahme von Früchten) enthalten in der Regel weniger Histamin. Zu bedenken ist zudem, dass Histamin hitze- und kältestabil ist und durch keine küchentechnische Methode zerstört werden kann, also weder durch Einfrieren, Kochen, Backen oder auch Mikrowellenerhitzung.

Zudem gibt es Nahrungsmittel (wie z. B. Ananas, Papayas, Nüsse- und Kakaoprodukte) und Medikamente, die den Abbau von Histamin verzögern wie auch sogenannte Histaminliberatoren (wozu z.B. bestimmte Lebensmittelzusatzstoffe gehören), die verstärkt Histamin im Körper freisetzen.

Zu den Medikamenten, die die Histaminwirkung im Körper verstärken, gehören vor allem entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente mit den Wirkstoffen Mefenaminsäure (Parkemed), Diclofenac (Dedolor, Deflamat, Diclo B, Diclobene, Diclomelan, Diclostad, Diclovit, Dolo-Neurobion, Neurofenac, Tratul, Voltaren), Indometacin (Flexidin, Indobene, Indocid, Indohexal, Indomelan, Idometacin, Indoptol, Luiflex, Ralicid) und Acetylsalicylsäure (Aspirin). Im Fall einer bekannten Histamin-Unverträglichkeit sollte man deshalb den behandelnden Arzt darüber informieren.


Diagnose und Behandlung von Histamin-Intoleranz

Für die Diagnose ist eine Anamnese (die Erhebung der Vorgeschichte) wichtig. Da aber viele der auftretenden Beschwerden auch andere Ursachen als eine Histamin-Intoleranz haben können, sind viele „Verdachtsdiagnosen“ falsch. Die endgültige Diagnose geschieht deshalb durch die Bestimmung des Enzyms Diaminoxidase im Blut, welches Histamin in unserem Körper abbaut. Gleichzeitig müssen eine Nahrungsmittelallergie, Kreuzreaktionen mit Pollen, eine Fruktose- oderLaktoseintoleranz oder eine Zöliakie (Gluten-Unverträglichkeit) ausgeschlossen werden.

Die Grundlage der Behandlung besteht in einer Reduktion des mit der Nahrung zugeführten Histamins durch Einhalten einer histaminfreien bzw. -armen Diät. Wenn sich der Verzehr histaminhaltiger Nahrungsmittel nicht oder nicht hinreichend vermeiden lässt, können (eventuell auch ergänzend) Antihistaminika (H1-Rezeptorblocker wie z.B. Zyrtec, Clarityn und Fenistil) eingesetzt werden, die die Symptome lindern. Auch Diaminoxidase, also jenes Enzym, welches Histamin in unserem Körper abbaut, kann man in Kapselform zuführen. Das führt zu einer wesentlich besseren Verträglichkeit von histaminreichen Speisen, in deren Genuss man auf diese Weise auch bei Bestehender Intoleranz ab und zu kommen kann. Das Vermeiden von histaminhältigen Speisen und Getränken ist jedoch im Allgemeinen von grundlegender Bedeutung.