Po, Shen & Hun in der Körperarbeit

Po in der Körperarbeit

Po, der Geist des Elementes Metall, ist die Dimension der physischen Wahrnehmung und der direkten Sinnes-Erfahrung. Stark mit dem physischen Körper verbunden, ist der Po ganz in der Gegenwart verankert – anders als Gedanken und Emotionen, deren Inhalte in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegen können. Empfindungen sind Geschehen im Augenblick, die uns einen direkten Zugang zu unserem Leben und seinem “Drehbuch” ermöglichen können.

Po gibt der Körperarbeit ihre Kraft, denn Körperarbeit stimuliert die Empfindungen des Augenblicks und konzentriert sich darauf, was der Klient im Augenblick tut und erlebt. Und was im Hier und Jetzt geschieht, kann verändert werden – im Unterschied zur Vergangenheit, die sich unserem Zugriff entzieht.

Shen in der Körperarbeit

Der Shen, das Wesen des Elementes Feuer, meist als Geist übersetzt, gerät immer wieder in Gefahr, als etwas interpretiert zu werden, das unabhängig von unserem Körper existiert. Vorstellen kann man sich das Konzept des Shen auf folgende Weise: Jeder Mensch besteht aus verschiedenen “Persönlichkeiten”, die normalerweise als verschiedene Facetten unserer individuellen Existenz erlebt werden. Alle diese verschiedenen Seinsmöglichkeiten haben auf eine geheimnisvolle Weise dieselbe “Essenz”. Der Shen entspricht dieser “Essenz” und ist unabhängig von der Form, in der sich unsere Energie manifestiert.

Die Geschichte über unser Sein, über unser Selbst entwickeln wir vielfach über die Erfahrung unserer muskulären Anspannungen, die wir wie auch unsere Klienten ständig spüren: “Geschichten des Jitsu”, wie Bill Palmer sie bezeichnet. Diese “Geschichten” (z.B. “Ich trage alle Last der Welt auf meinen Schultern”), die wir über uns entwickeln, beschreiben allerdings nicht das wahre Wesen unserer Existenz.

In der Körperarbeit ist es deshalb empfehlenswert, sich auf den Shen, das wahre Wesen unseres Klienten zu konzentrieren. Dann ist es für ihn leichter, ins Gleichgewicht zu kommen, die Spannung (das Jitsu) aufzugeben, sich an die ursprüngliche Absicht, sein ursprüngliches Wesen zu erinnern.

Hun in der Körperarbeit

Die menschliche Existenz lässt sich gemäß der chinesischen Tradition als eine Welle verstehen, die sich durch das Leben bewegt. Alle Moleküle unseres Körpers können sich verändern, aber die Schablone bleibt erkennbar. Und die Schablone, die wir mit unserem Leben erschaffen, lebt auch nach unserem Leben weiter durch den Einfluss, den wir auf die Welt, auf andere Menschen gehabt haben. Mehr als durch das, was wir tun, wirken wir durch das, wie wir sind.

Der Hun, das Wesen des Elementes Holz, lässt sich als eine Schablone von Einflüssen verstehen, die länger überdauert, wenn wir wohltätig sind. Die vielfältigen Wirkungen anderer Wellen jedoch machen unseren Einfluss letztendlich unkenntlich und eliminieren ihn – unabhängig, wie kraftvoll und stark unser Einfluss auch war. Der Hun selbst eines äußerst wohltätigen Individuums soll deshalb nicht länger als drei oder vier Generationen wirksam sein. Danach verschmilzt er mit dem, was der “Einfluss der Ahnen” genannt wird.

In der Körperarbeit ist der Hun ein wichtiger Ansatzpunkt, denn im Fall von chronischen Disharmoniemustern ist weniger die Behandlung der wichtigste Aspekt, vielmehr muss sich der Klient in einen Status hineinentwickeln, in dem er sich mehr und mehr (selbst) vervollständigt. Er wird so mehr dadurch beeinflusst, dass der Therapeut oder Shiatsu-Praktiker diesen Weg mit ihm geht, als durch dessen inhaltliche Arbeit und fachliche Kompetenz.

Dieser Grundsatz gilt grundsätzlich nicht nur für chronische Disharmoniemuster, denn “die Bewegung, die etwas reparieren will, vermittelt immer das Gefühl, das da irgendetwas mit dem Empfänger nicht in Ordnung ist, und das ist eine mächtige Kraft, die gegen die Heilung wirkt” (Simon Fall: Wie Schneeflocken fallen).

Der Schlüssel für die Arbeit vor allem mit chronischen Zuständen ist es, wie Bill Palmer anführt, dem Klienten zu helfen, sich seiner selbst mehr bewusst zu werden und zu experimentieren. Der Therapeut oder Shiatsu-Praktiker soll ihn dabei unterstützen, mit den Ursachen, die seinem Unwohlsein zugrunde liegen, in Kontakt zu kommen. Aufgabe des Therapeuten oder Shiatsu-Praktikers ist es dabei, seinen Klienten anzuregen, zu begleiten und zugleich intensiv mit ihm in Kontakt zu bleiben.

Heilung geschieht im Leben, nicht (oder zumindest nur selten) in der Shiatsu-Sitzung. Der Hun jedoch, der sich in einer Sitzung zeigt, kann die Art, wie jemand mit den Dingen des Lebens umgeht, beeinflussen. Sitzungen sind vor allem Anstöße, sind kontinuierliche Impulse. Die meiste Veränderung findet außerhalb der Sitzung statt, wenn sich die Bewegung dort fortsetzt.