Antike Punkte – Wu Shu Xue

Das Konzept der Antiken Punkte (Shu-Transport-Punkte, Wu Shu Xue) beruht auf der Annahme, dass die Energie (Qi) in jedem Meridian am äußersten Punkt (Anfangs- oder Endpunkt der Meridiane an Händen und Füßen) wie eine Quelle entspringt. Von dort aus nimmt die Energie zu – vergleichbar dem Lauf des Wassers -, wird zu einem Bach, zu einem Fluss und zu einem Strom, um schließlich im He-Punkt (Shu V) – im Bereich von Ellbogen und Knie – in das Meer der Energie des Körpers einzufließen.

Zugleich unterliegt nach traditioneller Vorstellung der periphere Anteil der Meridiane den äußeren klimatischen Einflüssen (Kälte, Hitze, Trockenheit, Feuchtigkeit und Wind). Damit ist jeweils ein Antiker Punkt einem dieser fünf Einflüsse (Elemente, Wandlungsphasen) zugeordnet. Die Zuordnung der fünf Elemente auf den Yin- und Yang-Meridianen ist allerdings unterschiedlich. In ihrem Verlauf von distal (dem entferntesten Punkt des Meridians an den Händen bzw. Füßen) nach proximal (im Bereich von Ellbogen bzw. Knie) folgen die fünf Antiken Punkte dem Sheng-Zyklus (Fütterungszyklus) der Fünf Elemente. Bei den Yin-Meridianen beginnt der Zyklus der Antiken Punkte mit “Holz”, bei den Yang-Meridianen mit “Metall”.

Antiker PunktYang-MeridianYin-Meridian
Jing (Shu I)MetallHolz
Ying (Shu II)WasserFeuer
Shu (Shu III)HolzErde
Jing (Shu IV)FeuerMetall
He (Shu V)ErdeWasser

Der Jing-Punkt (Shu I) entspricht dem distalsten Punkt des Meridians an Händen und Füßen, dem jeweiligen End- oder Anfangspunkt. Der Ying-Punkt (Shu II) ist der zweite Punkt des Meridians (der nächste Punkt proximal vom Jing-Punkt), der Shu-Punkt (Shu III) der dritte Punkt des Meridians (einzige Ausnahme bildet hier der Gallenblasen-Meridian; hier ist es der vierte Punkt). Der Jing-Punkt (Shu IV) liegt zwischen dem 3. und 5. Shu-Punkt und der He-Punkt (Shu V) jeweils im Bereich von Ellbogen und Knie.

  • Jing bedeutet Quelle oder Brunnen. Der Jing-Punkt entpricht dem Ursprung des Flusses, der Quelle, dem Brunnen und ist indiziert bei akuten Notfällen Die Jing-Punkte der Yin-Organe entsprechen dem Holz (aufsteigende Energierichtung der Yin-Meridiane), die der Yang-Meridiane dem Metall (absteigende Energierichtung der Yang-Meridiane).
  • Ying bedeutet langsam fließender Fluß, Bach. Nach traditioneller Vorstellung fließt hier das Qi langsam weiter und verteilt sich flächenhaft. Im Ying-Punkt der Yang-Meridiane regt man die Kälte (Wasser-Punkt), im Ying-Punkt der Yin-Meridiane die Wärme (Feuer-Punkt) an. Die Ying-Punkte sind vor allem indiziert bei fieberhaften und anderen akuten Erkrankungen. Die Ying-Punkte der Yin-Meridiane entsprechen dem Feuer, die der Yang-Meridiane dem Wasser.
  • Shu bedeutet Transportieren. Hier beginnt das Qi schneller zu fließen. Der Shu-Punkt ist indiziert bei subakuten und chronischen Erkrankungen und besonders bei rheumatischen Erkrankungen mit Beteiligung der kleinen Gelenke in den Händen und Füßen. Die Shu-Punkte der Yin-Meridiane entsprechen der Erde (und sind – allerdings nur auf den Yin-Meridianen – ident mit den Quellpunkten, Yuan-Punkten), die der Yang-Meridiane dem Holz.
  • Jing bedeutet Hindurchgehen, Abzweigung, Umschlagplatz. Hier wird der Bach des Qi zum Fluß. Die Jing-Punkte sind nach klassischer Vorstellung vor allem indiziert bei Erkrankungen der Zang-(Yin-)Organe, als auch bei Beschwerden im Bereich der Rachenhöhle. Die Jing-Punkte der Yin-Meridiane entsprechen dem Metall, die der Yang-Meridiane dem Feuer.
  • He bedeutet Einheit, Vereinigung. Hier fließt nach traditioneller Vorstellung der Fluß des Qi in den See des Körpers ein, tritt der oberflächliche Verlauf in den tiefen und proximalen Verlauf über. Der He-Punkt stellt so die Verbindung zwischen dem proximalen und dem peripheren Meridianverlauf her. Die He-Punkte spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Erkrankungen innerer Organe. Die He-Punkte der Yin-Meridiane entsprechen dem Wasser, die der Yang-Meridiane der Erde.

In der klassischen Akupunktur sind die fünf Antiken Punkte von großer Bedeutung, um in den Meridianen ein Energiegleichgewicht herzustellen. So beruhen beispielsweise die Tonisierungs- und Sedierungspunkte auf dem Konzept der Wu Shu Xue.

MeridianJing-Punkt (Shu I)Ying-Punkt (Shu II)Shu-Punkt (Shu III)Jing-Punkt (Shu IV)He-Punkt (Shu V)
LungeLu 11HolzLu 10FeuerLu 9ErdeLu 8MetallLu 5Wasser
DickdarmDi 1MetallDi 2WasserDi 3HolzDi 5FeuerDi 11Erde
MagenMa 45MetallMa 44WasserMa 43HolzMa 41FeuerMa 36Erde
Milz (Milz-Pankreas)MP 1HolzMP 2FeuerMP 3ErdeMP 5MetallMP 9Wasser
HerzH 9HolzH 8FeuerH 7ErdeH 4MetallH 3Wasser
DünndarmDü 1MetallDü 2WasserDü 3HolzDü 5FeuerDü 8Erde
BlaseBl 67MetallBl 66WasserBl 65HolzBl 60FeuerBl 40Erde
NiereNi 1HolzNi 2FeuerNi 3ErdeNi 7MetallNi 10Wasser
PerikardP 9HolzP 8FeuerP 7ErdeP 5MetallP 3Wasser
Drei-Erwärmer3E 1Metall3E 2Wasser3E 3Holz3E 6Feuer3E 10Erde
GallenblaseGb 44MetallGb 43WasserGb 41HolzGb 38FeuerGb 34Erde
LeberLe 1HolzLe 2FeuerLe 3ErdeLe 4MetallLe 8Wasser