Die Wirkungen innerer Bilder. Intentionen und Vorstellungen in der Shiatsu-Behandlung (Eduard Tripp)

Durch einen Zufall entdeckten Giacomo Rizzolatti, Vittorio Gallese und ihr Team 1992 am physiologischen Institut der Universität Parma eine besondere Art von Nervenzellen, die uns heute als Spiegelneurone (Spiegelnervenzellen) bekannt sind. Erstmals wurde damit ein Mechanismus entdeckt, der auf neurobiologischer Ebene die Resonanz mit anderen Menschen erklärbar macht. Beobachtet man nämlich einen anderen Menschen, so aktiviert sich im Betrachter genau das gleiche neurobiologische Programm, das die beobachtete Handlung bei ihm selbst zur Ausführung bringen könnte. Die von Rizzolatti entdeckten Neurone, die diese Fähigkeit besitzen, so genannte Spiegelneurone, sitzen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Nervenzellen, die Muskelaktionen kontrollieren (Bewegungsneurone), und zu Nervenzellen, die Programme für komplette Handlungsabläufe gespeichert haben und die Bewegungsneurone aktivieren (Handlungsneurone).[1]Den ersten direkten Beleg, dass Spiegelneurone auch beim Menschen vorhanden sind, fand der Neurophysiologe William Hutchinson 1999.


Spiegelneurone ermöglichen uns ein implizites Wissen über die Absichten der uns umgebenden Menschen

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Spiegelneurone werden aktiv, wenn man beispielsweise beobachtet (oder auf andere Weise miterlebt), wie ein anderer Mensch – das Gleiche gilt, wenngleich mit gewissen Einschränkungen, auch für andere Lebewesen – eine Handlung ausführt. Schon ein kurzer Eindruck, eine Momentaufnahme gewissermaßen genügt, um im Betrachter die dazu passenden Spiegelneurone zu aktivieren, die über die gesamte Handlungssequenz gleichsam Bescheid wissen. Die beobachteten Teile einer Situation, einer Szene werden dabei zu einem zu erwartenden Gesamtablauf ergänzt – auf Grundlage der Programme, die auf allen bisher gemachten Erfahrungen beruhen und in den Handlungsneuronen gespeichert sind.

Auf diese Weise gewinnen wir „unreflektierte Gewissheiten“, die uns ein vertrauensvolles Leben ermöglichen. Denn ohne dass wir im Allgemeinen bewusst über die Sicherheit oder Unsicherheit einer Situation nachdenken, nehmen wir völlig automatisch und größtenteils unbewusst verschiedene Zeichen vor allem der Körpersprache der uns umgebenden Menschen (oder auch sonstigen Lebewesen) auf und entwickeln daraus ein „implizites Wissen“, ob von den uns umgebenden Menschen eine Gefahr ausgeht oder ob wir einen friedlichen Verlauf erwarten können.

Die Interpretationen unserer Eindrücke, die wir auf Basis unserer Spiegelneurone entwickeln, sind allerdings nicht vor Irrtümern gefeit, vor allem schon deshalb nicht, weil viele Alltagssituationen mehrdeutig sind und deshalb zu vielen verschiedenen „Fortsetzungsgeschichten“ passen könnten. Dazu kommt noch, dass unsere individuellen Vorerfahrungen eine bedeutende Rolle spielen – unabhängig davon, ob wir die gespeicherten Handlungen selbst ausgeführt, nur beobachtet oder sogar selbst erlitten haben.[2]Handlungen, die durch technische oder natürliche Vorgänge verursacht werden, finden keinen Eingang in die Programme der handlungssteuernden Nervenzellen. Die Spiegelneurone werden allerdings auch … weiterlesen Zudem wirken sich gegebenenfalls Angst, Anspannung und/oder Stress negativ auf unsere Fähigkeit aus, uns in andere einzufühlen, sie zu verstehen und Feinheiten der Handlung wahrzunehmen.

Jede Handlung beginnt mit einer Aktivierung der Handlungsneurone, die das Konzept für die Ausführung der beabsichtigten Handlung im Programm haben. Erst kurz danach, etwa ein bis zwei Zehntelsekunden später, kommt es zur Aktivierung der die jeweiligen Muskeln kontrollierenden Bewegungsneurone. Nicht jede Aktivierung eines Handlungsneurons aber führt zur Ausführung einer Handlung, denn hemmende Subsysteme im vorderen Teil des Frontalhirns führen dazu, dass – vor allem im Erwachsenenalter – weitere Faktoren dazukommen müssen, um die Handlung tatsächlich auszuführen.[3]Eine weit verbreitete Methode, diese Hemmung abzuschwächen oder sogar ganz auszuschalten, ist beispielsweise der Konsum von Alkohol. Gleichwohl aber führt die Beobachung oder auch Vorstellung einer Handlung zur Aktivierung derselben Handlungneurone und auch Muskeln, wie bei Handelnden. Der Unterschied liegt vor allem in der „Größe der Bewegung“. So haben EMG-Ableitungen an einem Jockey beim Pferderennen und einem (interessierten) Zuschauer gezeigt, dass beim Zuschauer die gleichen Muskeln aktiviert werden, wenngleich mit deutlich geringerer Intensität.

Diesen Spiegelungsmechanismus nutzt auch eine Mutter, die beim Füttern ihres Kindes demonstrativ den Mund öffnet, damit das Kind diese Bewegung unwillkürlich imitiert und sich füttern lässt. Oder auch Skifahrer, die vor dem Rennen den Slalomkurs nochmals in der Vorstellung „fahren“ und damit auch über die Imagination trainieren.


Vorstellungen sind immer auch körperliches Erleben

Jede Vorstellung, jeder Gedanke ist immer auch körperlich, wird auch im Körper widergespiegelt. Wie schon S. Freud festgehalten hat, ist Denken probeweises Handeln mit kleinen Energiebeträgen.

Dass beobachtete Handlungen zu denselben Ergebnissen führen wie Vorstellungen, beruht auf der Funktionsweise unseres Gehirns, das innere Bilder und äußere Sinneseindrücke auf dieselbe Weise verarbeitet.[4]Sinneswahrnehmungen sind generell nur vermeintlich reine Sinneswahrnehmungen, da die Eindrücke, die wir gewinnen, die uns bewusst werden, zum größten Teil „konstruiert“ sind, d.h. sie … weiterlesen Und so werden Vorstellungen prinzipiell gleich behandelt wie Beobachtungen, mobilisieren gleichermaßen Spiegelneurone, Handlungsneurone und Bewegungsneurone.[5]Gedanken und Vorstellungen sind niemals völlig folgenlos, denn jeder Gedanke manifestiert sich in unserem Gehirn, materialisiert sich und löst biochemische Reaktionen aus, die dann ganz konkrete … weiterlesen

Jedes Erleben, jeder Gedanke, jede Vorstellung ist mit spezifischen Empfindungen, Emotionen und Körperreaktionen verbunden.[6]Emotionen waren schon auf frühen evolutionären Stufen innere organismische Zustände, die seither den Hintergrund des Geistes bilden. Von daher sind Emotionen ein integraler biologischer … weiterlesen

Wenn wir einen Menschen erleben, der etwas empfindet, so geben uns unsere Spiegelneurone Auskunft darüber, wie sich dieser Mensch (wahrscheinlich) fühlt. Es entsteht in uns als Beobachter ein intuitives, unmittelbares Verstehen der Empfindungen der wahrgenommenen Person.

Bei den meisten erwachsenen Menschen in unserer westlichen Kultur beruht die intuitive Wahrnehmung zu einem wesentlichen Teil auf visuellen Eindrücken.[7]Erforscht wurde in diesem Kontext das so genannte „optische Aufbereitungs- und Interpretationszentrum“ oder – nach seiner Lokalisation – STS (sulcus temporalis superior), das den Nervenzellen … weiterlesen Diese vorwiegend optische Orientierung ist bei vielen Menschen zwar der wichtigste Informationskanal und der dominierende Weg der Welt zu begegnen, entwicklungsgeschichtlich älter ist aber die Erfahrung der Welt über körperliche (kinästhetische) Wahrnehmungen und auch Gerüche. Zu Beginn unseres Lebens erfahren wir die Welt vor allem über Empfindungen wie Druck, Rhythmus, Temperaturerleben, Spannungswahrnehmung u.ä.m.

Diese frühe Wahrnehmungswelt[8]Rene Spitz nennt diese Wahrnehmungsweise koenästhetisch – im Gegensatz zum späteren, diakritischen Zugang zur Welt, der vor allem durch den optischen Sinn geprägt ist. bleibt uns Zeit unseres Lebens erhalten, bei vielen Menschen aber tritt sie, teilweise auch kulturell bedingt, in den Hintergrund. Angesprochen aber wird das vom Spürsinn getragene Erleben von sich und der Welt in Shiatsu-Sitzungen, in denen das Spüren des Pulsierens und Strömens des eigenen Körpers und die Wahrnehmung der Berührungsqualität(en), z.B. haltend, anregend, nährend oder auch spielerisch, fordernd u.ä.m., ebenso im Vordergrund stehen wie die mögliche Erfahrung sich in die Behandlung fallen zu lassen und sich den Händen der Shiatsu-PraktikerIn anvertrauen zu können.

In der Shiatsu-Theorie spricht man davon, dass sich über die Berührung, die ein energetisches Feld schafft, Shiatsu-Gebende/r und Shiatsu-Empfangende/r miteinander in Kontakt treten und dass sich ihre Energien „berühren“. Die BehandlerIn erfährt so, unter der Voraussetzung, dass sie ihre Wahrnehmungsfähigkeit darauf geschult hat, die „Energie“ der KlientIn. Und zugleich überträgt sich die „Energie“ der BehandlerIn auf die/den Empfangende/n, erfährt die Energie der/s Shiatsu-Gebenden.

Die BehandlerIn, wenn sie „leer“ und „empfangsbereit“ ist[9]Die Aufnahmebereitschaft ist größer, wenn sich der Organismus in einem entspannten und zugleich zentrierten Zustand befindet, wie beispielsweise nach Meditation oder Qigong., fungiert gleichsam als „Anzeiger“ für die „Energie“ der KlientIn, die sich in ihrer Körperhaltung, Mimik, Gestik, vor allem aber auch in ihren Mustern von Spannung und Gelöstheit, in ihrer „Schwingung“ überträgt. Immer aber überträgt sich auch in umgekehrter Richtung die Energetik der BehandlerIn auf die KlientIn – und zwar nicht nur ihre bewussten Haltungen und Intentionen, sondern auch die unbewussten Aspekte.

Daraus entwickelt sich ein hochkomplexes Wechselspiel der gegenseitigen Beeinflussung und Rückkoppelung: Die Energetik der KlientIn spiegelt sich in der Befindlichkeit und (zumindest unbewussten) Wahrnehmung der BehandlerIn und führt zu Veränderungen in ihr. Zugleich aber spiegelt sich die Energetik der BehandlerIn in der KlientIn, wird von ihr wahrgenommen und führt in ihr zu individuellen Reaktionen – Reaktionen, die nie vorhersagbar sind, da sich die Reaktionen keines lebenden Systems vollständig voraussagen lassen.[10]Letztlich können immer nur Angebote gemacht werden, die auf die jeder/m eigene Weise aufgenommen oder auch abgelehnt werden. „Bessere“ Angebote (Interventionen) erhöhen nur die … weiterlesen Und diese Veränderungen wiederum wirken …

Derartige Wechselwirkungen und Möglichkeiten der Einflussnahme werden unter anderen in der Tradition des Kundalini-Yoga im Sat Nam Rasayan[11]Sat Nam Rasayan wird als „Meditative Heiltechnik“ in der Tradition des Kundalini-Yoga vermittelt. eingesetzt. Von zentraler Bedeutung in dieser Methode ist es, sich selbst als BehandlerIn so „leer“ zu machen und zu zentrieren (d.h. frei zu machen von eigenen Bedürfnissen und Fixierungen) und dann durch sanfte Berührung mit der KlientIn in Kontakt zu treten und die Veränderungen wahrzunehmen, die sich für die BehandlerIn durch den Kontakt und im Kontakt ergeben. Der nächste Schritt ist es dann, durch eine bewusste Veränderung der Haltung, der Atmung, der Gedanken etc. das eigene Gleichgewicht, die eigene Zentrierung wieder herzustellen. Dieser veränderte Zustand wird wiederum von der KlientIn aufgenommen, die darauf reagiert … Das erklärte Ziel der Sitzung ist dann erreicht, wenn KlientIn und Praktizierende/r über unterschiedlich viele Zwischenschritte in einem (möglichst) ausgeglichenen Zustand ruhen.

So wie im Sat Nam Rasayan die innere Leere und Zentriertheit das Ziel ist, das gemeinsam erreicht werden soll, kann dieses wechselseitige Einschwingen auch im Shiatsu angewendet werden. Die Intention, die hinter einer Behandlung steht, die Vorstellung, die zu erreichen beabsichtigt wird, prägt maßgeblich Qualität und Wirkung des Shiatsu. Ob dabei allgemeine Vorstellungen, wie z.B. Halten, Unterstützten, Schützen oder Anregen (u.ä.m.) gewählt werden oder spezifischere, die sich z.B. auf bestimmte Meridian-, Organ- oder Elementqualitäten beziehen, macht keinen grundlegenden Unterschied.[12]In jeden Fall ist es notwendig, dass die PraktikerIn eine Sensibilität dafür entwickelt, was der Ist-Zustand der KlientIn ist und welche Bedürfnisse (und eventuell Mängel) auf ihrer Seite … weiterlesen Wichtig ist vielmehr, dass die PraktikerIn die Qualität, um die es geht, vorstellungsmäßig in sich verwirklicht. Und die grundlegende Voraussetzung dafür ist, dass die PraktikerIn diese Qualität positiv in sich erfahren hat, da Ablehnung oder eine ambivalente Haltung dieser Erfahrung gegenüber mit vermittelt würden: Wir geben letztlich immer (nur) das weiter, was wir selbst erfahren haben.


Von Umgang mit Vorstellungen und Bildern der KlientInnen

Manche KlientInnen erleben bei Shiatsu-Sitzungen das Aufsteigen von inneren Bildern. Die Palette reicht dabei von angenehmen bis hin zu bedrohlichen und ängstigenden Bildern. Solche Bilder können, sofern sie berichtet werden, einen Platz in der Begegnung zwischen KlientIn und PraktikerIn bekommen. Allein schon der Umstand, dass solche Phantasien und Vorstellungen wertschätzend aufgenommen werden, hat mitunter eine verändernde Qualität. Je nach Ausbildung und Sicherheit der PraktikerIn kann mit den Bildern auch noch darüber hinaus gehend gearbeitet werden (z.B. die Position zum Erlebten / Vorgestellten verändern helfen, die Geschichte umschreiben oder ein Refraiming anbieten).

Generell können Metaphern als bildliche Darstellungen der Problemsituation der KlientIn hilfreich sein, weil allein schon dadurch, dass eine Situation, mit der man sich sehr assoziiert fühlt, ein wenig Distanz erfährt – und darüber hinaus auf der Bildebene Interventionen meist leichter möglich sind.

Eine andere Möglichkeit mit Bildern zu arbeiten kann auch darin bestehen, bestimmte Bilder bei der KlientIn anzuregen, den Vorschlag zu machen, sich etwas Bestimmtes während der Behandlung vorzustellen. Vorsicht sollte man dabei aber walten lassen, dass sich die KlientIn damit nicht überfordert oder unter Druck gesetzt fühlt. Günstiger ist es hier manchmal, den Experimentcharakter solcher Übungen zu betonen und von Beginn an zu berücksichtigen, dass es „nicht klappen“ könnte. Eine indirekte Methode könnte z.B. darin bestehen, dass man die „Zielvorstellung“ der KlientIn z.B. mit den Worten nahebringt: „Ich frage mich, wie es wohl wäre, wenn sie sich … vorstellen würden?“.

Ganz wichtig aber ist beim Einsatz solcher Techniken, dass man zu einen die entsprechende Kompetenz und Erfahrung dafür besitzt, und zum anderen, dass man dabei immer in Übereinstimmung mit der KlientIn handelt, ihre Erlaubnis dazu hat und – vor allem – ihren Auftrag!


Quellen

Bauer, Joachim (2006a): Warum ich fühle, was du fühlst. Heyne Verlag.

Bauer, Joachim (2006b): Prinzip Menschlichkeit. Warum wir von Natur aus kooperieren. Verlag Hoffmann & Campe.

Haruyama, Shigeo (2007): Wahre Gesundheit beginnt im Kopf. Goldmann Verlag.

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© Dr. Eduard Tripp, Shiatsu Senior Teacher, Psychotherapeut und Supervisor (www.eduard-tripp.at)

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Den ersten direkten Beleg, dass Spiegelneurone auch beim Menschen vorhanden sind, fand der Neurophysiologe William Hutchinson 1999.
2 Handlungen, die durch technische oder natürliche Vorgänge verursacht werden, finden keinen Eingang in die Programme der handlungssteuernden Nervenzellen. Die Spiegelneurone werden allerdings auch bei Darstellungen lebender Handelnder, wie z.B. in Filmen oder in PC-Spielen, angesprochen. Besonders intensive Vorstellungen hinterlassen in uns allerdings Handlungen, die zum ersten Mal wahrgenommen oder erlebt werden.
3 Eine weit verbreitete Methode, diese Hemmung abzuschwächen oder sogar ganz auszuschalten, ist beispielsweise der Konsum von Alkohol.
4 Sinneswahrnehmungen sind generell nur vermeintlich reine Sinneswahrnehmungen, da die Eindrücke, die wir gewinnen, die uns bewusst werden, zum größten Teil „konstruiert“ sind, d.h. sie enthalten im Allgemeinen mehr Erinnerungsspuren und gespeicherte Informationen als Informationen „von draußen“.
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Gedanken und Vorstellungen sind niemals völlig folgenlos, denn jeder Gedanke manifestiert sich in unserem Gehirn, materialisiert sich und löst biochemische Reaktionen aus, die dann ganz konkrete Folgen haben. Aber je nachdem, welche Art von Gedanken wir haben, positive oder negative, laufen unterschiedliche physiologische Reaktionen in unserem Körper ab.

Jeder Gedanke verbraucht eine gewisse Menge an Energie, wobei die Eiweißverbindung POMC (Proopiomelancortin) aufgespalten wird. Wenn wir bei Stress positiv reagieren, wird aus POMC in der Nebenniererinde ein körperlichen Stress reduzierendes Hormon gebildet und zudem Beta-Endorphin freigesetzt, das lösend auf seelischen Stress wirkt. Verhalten wir uns ablehnend oder widerwillig, bilden sich hingegen stattdessen Noradrenalin und Adrenalin, die toxisch auf den Organismus wirken, sowie freie Radikale (chemisch noch reaktive Sauerstoffmoleküle; aktiver Sauerstoff).

Noradrenalin führt zu einem Zusammenziehen der Blutgefäße und daraus resultierend zu einer Behinderung der Durchblutung. Durch die Toxizität von Noradrenalin erhöht sich das Risiko krank zu werden, zudem altert man schneller und stirbt früher durch ein hohes Maß an Noradrenalin – wahrscheinlich vor allem dadurch, dass Noradrenalin große Mengen an freien Radikalen erzeugt. Adrenalin ist ein Protein, das in mehreren Organen gebildet wird, unter anderem in der Hypophyse. Als Proteohormon ist es die Vorstufe zu vielen Peptidhormonen. Unter Stress wird es vermehrt gebildet und in verschiedene Peptidhormone (wie ACTH, Beta-Endorphin oder Met-Enkephalin) aufgespalten, die dann ins Blut freigesetzt werden. Adrenalin wird vor allem bei Angst ausgeschüttet, um eine Angriffs- oder Fluchtreaktion vorzubereiten.

6

Emotionen waren schon auf frühen evolutionären Stufen innere organismische Zustände, die seither den Hintergrund des Geistes bilden. Von daher sind Emotionen ein integraler biologischer Bestandteil aller Denk- und Entscheidungsprozesse. Worte, ja selbst abstrakte Gedanken, sind in ihrem Kern Bilder, haben bildlichen Charakter und sind immer mit emotionalen Prozessen verbunden. Bilder sind uns allerdings emotional direkter zugänglich, sind gleichsam die Sprache des limbischen Systems (David Jonas).

7 Erforscht wurde in diesem Kontext das so genannte „optische Aufbereitungs- und Interpretationszentrum“ oder – nach seiner Lokalisation – STS (sulcus temporalis superior), das den Nervenzellen der Sehrinde nachgeschaltet ist.
8 Rene Spitz nennt diese Wahrnehmungsweise koenästhetisch – im Gegensatz zum späteren, diakritischen Zugang zur Welt, der vor allem durch den optischen Sinn geprägt ist.
9 Die Aufnahmebereitschaft ist größer, wenn sich der Organismus in einem entspannten und zugleich zentrierten Zustand befindet, wie beispielsweise nach Meditation oder Qigong.
10 Letztlich können immer nur Angebote gemacht werden, die auf die jeder/m eigene Weise aufgenommen oder auch abgelehnt werden. „Bessere“ Angebote (Interventionen) erhöhen nur die Wahrscheinlichkeit, dass daraufhin die gewünschte Reaktion erfolgt.
11 Sat Nam Rasayan wird als „Meditative Heiltechnik“ in der Tradition des Kundalini-Yoga vermittelt.
12 In jeden Fall ist es notwendig, dass die PraktikerIn eine Sensibilität dafür entwickelt, was der Ist-Zustand der KlientIn ist und welche Bedürfnisse (und eventuell Mängel) auf ihrer Seite vorliegen. Die „erlösende Qualität“ wird als Haltung und Vorstellungsbild von der PraktikerIn verwirklicht und auf diese Weise weitergegeben.