Gibt es das eine Shiatsu? Und wenn, was macht es aus? (Eduard Tripp)


The heart of Shiatsu is like a mother’s love.
Preasure of the fingers causes the spring of life to flow.
(Japan Shiatsu College
)

Häufig sprechen wir über „unser“ Shiatsu und grenzen es von anderen Methoden und anderen Ansätzen ab. Wir sehen uns im historischen „Mainstream“ oder aber in einer aus diesem herausgewachsenen Weiterentwicklung, integrieren neue Elemente in unsere Arbeit oder greifen bewusst auf „klassische“, „unverfälschte“ Ansätze zurück. Immer aber interpretieren wir Shiatsu: als Begriff, als Methode, als Zugang zu den Menschen, mit denen wir arbeiten. Und immer machen wir das im Rückgriff auf eine historische Entwicklung, die hierher geführt hat, wo wir gerade stehen, und auf Basis der LehrerInnen, die uns diesen Zugang, direkt oder indirekt, vermittelt haben.

Irgendwie glauben wir zu wissen und zu verstehen, was Shiatsu ist. Aber was genau ist das Shiatsu, auf das ich mich beziehe? Das, das ich von meinen LehrerInnen gelehrt wurde? Jenes, das ich heute praktiziere? Oder das, das in einem bestimmten Land oder von bestimmten Personen praktiziert wird?

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Fragt man sich oder wird man gefragt, was denn Shiatsu ist und was es ausmacht, scheint zunächst alles klar: Shiatsu ist eine japanische Form der Körperarbeit, die Körper, Seele und Geist einbezieht und in Japan seit der Mitte des 20. Jahrhunderts als Beruf im Gesundheitsministerium verankert ist. Dazu kommen dann noch: Arbeit aus dem Hara, senkrechter Druck und andere aus dem jeweiligen Verständnis entscheidende Charakteristika.[1]Mitunter halten wir etwas einfach nur deshalb für charakteristisch oder unverfälscht, weil wir es so von unseren LehrerInnen gehört und gelernt haben. Das aber bedeutet noch nicht unbedingt, dass … weiterlesen

Dann allerdings wird es schwierig und endet oft wohl auch das Wissen um die faktischen, vor allem historischen Hintergründe, denn Shiatsu, wie wir es hier in Europa praktizieren, unterscheidet sich – in all seiner Vielfalt – meist deutlich von der in Japan anerkannten Behandlungsmethode.[2]Ich beziehe mich hier vor allem auf Österreich, tendenziell gilt das aber sicher auch für Deutschland und die Schweiz. Anders vielleicht in Italien, wo Namikoshi-Shiatsu stärker verbreitet ist als … weiterlesen Um Shiatsu in Japan beruflich auszuüben, braucht man nämlich den Abschluss der einzig staatlich anerkannten Schule, der Namikoshi-Schule.[3]Siehe http://e.shiatsu.ac.jp (Zugriff 5. Juni 2017). Alles andere am Shiatsu-Markt ist quasi postgraduate und für die Berufsausübung damit irrelevant.[4]Japan-Besucher machen deshalb auch die manchmal verstörende Erfahrung, dass Shiatsu in Japan (meist) so ganz anders ist. Siehe … weiterlesen


Der geschichtliche Hintergrund von Shiatsu

Mit der Übernahme der traditionellen chinesischen Medizin in der zweiten Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrtausends wurde diese, bis zur Meji Restauration 1868, zum Zentrum der japanischen Medizin. Neben Akupunktur, Moxibustion, Arzneimitteltherapie und Ernährung war Anma, die japanische Form der chinesischen Tuina-Massage, als manuelle Behandlungsmethode damit ein wichtiger Bestandteil der medizinischen Behandlung geworden.[5]Festgehalten ist dies im heute ältesten japanischen Medizinbuch, dem Ishinboh von Yasuyori Tanba (984).

Die Edo-Zeit (1603 – 1867) brachte große manuelle Therapeuten wie Ryouzan Goto oder Shinsai Ota hervor. Gegen Ende der Edo-Periode begründeten Genpaku Sugita und Ryoutako Maeno mit ihrer Übersetzung eines niederländischen Textes über Anatomie, dem Kaitaishinsho, die Entfaltung der westlichen Medizin der Meiji-Periode (1868 – 1912), die zur Einführung manueller westlicher Behandlungen führte. Zusammen mit Methoden wie Anma oder Do-In, die der chinesischen Tradition entstammen, gab es damit zu dieser Zeit mehr als 300 verschiedene Behandlungsformen.


Der Ursprung von Shiatsu

Shiatsu ist in seiner historischen Entwicklung untrennbar verbunden mit Tokujiro Namikoshi. Er gilt als der Begründer von Shiatsu und ihm ist es vor allem zu verdanken, dass Shiatsu in Japan als Gesundheitsberuf anerkannt wurde. In seinem Verständnis ist Shiatsu „the application of manual and digital pressure to the skin with the aim of preventing and curing illness by stimulating the body´s natural powers of recuperation, eliminating fatigue-producing elements, and promoting general good health.”[6]Toru Namikoshi: „The Complete Book of Shiatsu Therapy”, 1974. Ähnlich definierte es Katsusuke Serizawa „Shiatsu technique refers to the use of fingers and the palm of one´s hands to apply pressure to particular sections on the surface of the body for the purpose of correcting the imbalances of the body, and for maintaining and promoting health. It is also a method contributing to the healing of specific illnesses.”[7]Dr. Katsusuke Serizawa war 1955 als Vertreter für Akupunktur, Moxibustion und Anma beim Hearing des japanischen Gesundheitsministeriums und betrachtet Shiatsu als alte japanische Therapie in der … weiterlesen

Die Bezeichnung Shiatsu[8]„Shi” bedeutet Finger, „oyayubi” Daumen und „atsu“ Druck, doch lässt sich Shiatsu sinngemäß sowohl als Finger- als auch als Daumendruck übersetzen. wurde von Tenkai Tamai Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt[9]In „Shiatsu Ryoho“ (übersetzt: Shiatsu-Behandlung), veröffentlicht 1919, hat Tenkai Tamai westliches anatomisches Wissen mit der traditionellen japanischen Behandlung verbunden. und von Tokujiro Namikoshi aufgegriffen. Die tiefsten Wurzeln des Shiatsu aber liegen, wie Vertreter des japanischen Shiatsu betonen[10]In „Shiatsu Ryoho“ (Nach Shiatsupractor´s Association of Canada (SPAC; www.shiatsupractor.org), die der in Japan anerkannten Shiatsu-Ausbildung Namikoshis folgt (Zugriff 2011)., im Teate (was so viel wie „manuell“ oder „hands-on“ bedeutet) und damit in der universellen instinktiv-menschlichen Erfahrung, dass Schmerzen gelindert werden können, wenn man die Hände auf den betroffenen Körperbereich legt. Die ersten japanischen Beschreibungen solcher Heilmethoden liegen etwa 2.000 Jahre zurück: In einem alten japanischen Gedicht heilt Sukunahikonakami, der „Vater der japanischen Medizin“ die Menschen mit seinen Händen.


Torujiro Namikoshi

1912 wird von den Vertretern des Namikoshi-Shiatsu als Geburtsjahr des Shiatsu betrachtet, weil Tokujiro Namikoshi (1905 bis 2000) in diesem Jahr – völlig ohne Wissen über manuelle und andere medizinische Behandlungen und ohne Ausbildung – seine Mutter, die an Rheuma erkrankt war, durch Massagen heilte.[11]Nach Namikoshi Shiatsu Europa: http://www.namikoshishiatsueuropa.net/es/historia-del-shiatsu (Zugriff 2011).

In den Folgejahren lernte und studierte Tokujiro Namikoshi westliche Anatomie, Physiologie und Behandlungsmethoden wie auch die von Tenpuku Tamai gelehrte Form der manuellen Behandlung, die traditionelle japanische Behandlungstechniken mit westlich-anatomischem Wissen verband. 1925 eröffnete er in Muroran (Hokkaido) die erste Shiatsu Treatment Clinic und veröffentlichte 1934 „Shiatsu Therapy and Physiology“. 1940 eröffnete er das „Japan Shiatsu College“.

Zu dieser Zeit gab es noch keine nationalen gesetzlichen Regelungen für Behandlungsmethoden wie Shiatsu, und erst 1947 trat der „Anma, Acupuncture, Moxibustion, Jyudo-Aliment Business Act“ in Kraft. 1955 wurde das Gesetz derart abgeändert, dass es statt „Anma“ nunmehr „Anma (including Massage and Shiatsu)“ hieß. Zwei Jahre danach, 1957, wurde die Shiatsu-Definition von Katsusuke Serizawa vom japanischen Gesundheitsministerium veröffentlicht und das „Japan Shiatsu College“[12]http://e.shiatsu.ac.jp (Zugriff 5. Juni 2017). vom Gesundheitsministerium als Schule anerkannt.

1957 ging Tokujiro Namikoshi auf Einladung der Palmer Chiropractic School in die USA. Toru Namikoshi, der Sohn von Tokujiro, blieb dort schließlich sieben Jahre lang, um Shiatsu und Chiropraktik miteinander zu vergleichen und nach seiner Rückkehr zur Entwicklung der Shiatsutheorie, basierend auf moderner westlicher Anatomie und Physiologie, beizutragen.

Heute sind Akupunktur, Moxibustion, Anma, (westliche) Massage und Shiatsu als Therapien vom japanischen Gesundheitsministerium geregelt, wobei Shiatsu – aus der Sicht der Namikoshi-Tradition allerdings fälschlicherweise – der traditionellen chinesischen/japanischen Medizin zugerechnet wird. Die offiziell anerkannte Shiatsu-Ausbildung umfasst 2.145 Ausbildungsstunden in drei Jahren, und angehende Shiatsu-TherapeutInnen, die eine Registrierung anstreben, müssen auch (ebenso wie diejenigen, die westliche Massage erlernen) ihr Wissen über das Meridiansystem unter Beweis stellen, um – wie es offiziell heißt – „Anma, Massage und Shiatsu-Therapeut“ zu werden. Entgegen dieser Praxis aber betont die Namikoshi-Tradition die Anerkennung durch das Gesundheitsministerium (1964) von Shiatsu als eigenständige Methode, die sich von Anma und damit zugleich von der traditionellen chinesischen/japanischen Medizin abgrenzt.


Japanisches Shiatsu

„Japanese Shiatsu is Namikoshi Shiatsu, Namikoshi Shiatsu is Japanese Shiatsu“, wie es Katsusuke Serizawa zum 80. Geburtstag von Tokujiro Namikoshi formulierte[13]Nach http://www.shiatsupractor.org/isac/newsletter3.htm (Zugriff 2011; Link aktuell nicht mehr verfügbar)., beschreibt zugleich die rechtliche Situation von Shiatsu in Japan. Ausschließlich das in der Tradition von Tokujiro Namikoshi stehende Shiatsu wird für die staatliche Registrierung anerkannt und aus der Tradition des Namikoshi-Shiatsu gelten alle Weiterentwicklungen des Shiatsu als Abwandlungen oder Abweichungen („Derivative Shiatsu“).

Beziehen wir uns auf Shiatsu in Japan, so beziehen wir uns letztlich auf Namikoshi-Shiatsu und wir sollten uns klar darüber sein, dass sich dieses Shiatsu von dem in Europa praktizierten Shiatsu (meist) deutlich unterscheidet. Das 1981 von Toru Namikoshi erschiene Buch „The Complete Book of Shiatsu Therapy“ (deutsch „Das große Buch des Shiatsu. Japanische Fingerdrucktherapie für den Westen“, 1992) gibt einen umfassenden Einblick in die Arbeitsweise des originären japanischen Shiatsu.[14]Die meines Wissens erste (und damit frühere) Darstellung des Namikoshi-Shiatsu im deutschen Sprachraum stammt von Tokujiro Namikishi („Shiatsu. Heilung durch die Fingerspitzen”) und beruht … weiterlesen

Cover von "The Complete Book of Shiatsu Therapy"
Cover von “The Complete Book of Shiatsu Therapy”
Auszug Inhaltsverzeichnis von "The Complete Book of Shiatsu Therapy"
Auszug Inhaltsverzeichnis von “The Complete Book of Shiatsu Therapy”

Die erste Auffälligkeit ist das völlige Fehlen von Konzepten, die uns  „normalerweise“ aus der Ausbildung und der Arbeit mit Shiatsu (und auch aus der neueren westlichen Literatur zu Shiatsu) bekannt sind. Nirgendwo findet man Bezüge zu Ki (Qi), Meridianen, Akupunkturpunkte, Yin und Yang, Kyo und Jitsu u.ä.m. Und selbst, wenn von Organen die Rede ist, dann nur in ihrem westlichen Verständnis. Die zweite „Besonderheit“, die uns schon mit dem Inhaltsverzeichnis, besonders dann aber mit den Arbeitsbeschreibungen ins Auge springt, ist der starke Bezug auf westlich-anatomische Strukturen (Muskeln, Nerven, Blutgefäße …).

Shiatsu-Punkte der Vorderseite
Darstellung der Shiatsu-Punkte: Man beachte, dass kein Bezug zur traditionellen Medizin (Akupunkturpunkte) besteht
Muskel- und Nervenpunkte der Vorderseite
Muskel- und Nervenpunkte für die Shiatsu-Behandlung
Behandlungspunkte der Vorderseite des Beins und anatomische Struktur
Behandlungspunkte der Vorderseite des Beins und Bezug zur (westlichen) Anatomie
Behandlungsdarstellung
Behandlungsdarstellung

Wesentliche Elemente des Namikoshi-Shiatsu:

  • Shiatsu ist Diagnose und Behandlung zugleich (Shindan Soku Chiryo). Es ist Teil der Ausbildung Shiatsu-Praktizierender, mit ihren Händen, Fingern und Daumen eine solche Sensibilität zu entwickeln, dass sie Auffälligkeiten der Haut, des Gewebes, der Temperatur u.ä.m. wahrnehmen und schon mit und in der Berührung behandeln. Dieser Ansatz des Shiatsu unterscheidet Shiatsu unter anderem von der traditionellen chinesischen/japanischen Medizin, da Shiatsu keine vorangehende Diagnose benötigt.
  • Shiatsu beruht auf westlicher Anatomie und Physiologie und unterscheidet sich sowohl in der Art seiner Anwendung wie auch in der ihr zugrunde liegenden Theorie deutlich von Anma und der traditionellen Medizin.
  • Die im Namikoshi-Shiatsu verwendeten Punkte (Tsubos) und ihre Lokalisation entstammen moderner westlicher Anatomie und Physiologie und wirken auf unterschiedliche Körpersysteme wie Muskeln, Nerven, Kreislauf und Verdauungsapparat. So unterscheiden sie sich in der Begründung von den Tsubos (und Meridianen) der traditionellen Medizin, mit denen sie in ihrer Lokalisation durchaus übereinstimmen können.
  • Shiatsu in der Tradition von Namikoshi setzt ausschließlich Finger, Daumen und gelegentlich auch die Handballen ein, um Druck auf bestimmte Punkte auszuüben.


Weiterentwicklungen des Namikoshi-Shiatsu

Wenngleich in vielen Ländern und teilweise auch in Japan Shiatsu mit der traditionellen chinesischen Medizin assoziiert wird, hat Tokujiro Namikoshi explizit festgehalten, dass das von ihm entwickelte Shiatsu keinen Einfluss der Kampo-Medizin, der japanischen Form der TCM, beinhaltet. Deshalb betrachten die Anhänger der Namikoshi-Tradition, um ein Beispiel anzuführen, die Einbeziehung von Meridianbehandlungen, wie sie in Japan in den 70er-Jahren populär wurde, als Abweichung oder Abwandlung vom „wahren“ Shiatsu („Derivative Shiatsu“[15]Die Bezeichnung „Derivate Shiatsu“ beruht auf den Ausführungen der Shiatsupractor´s Association of Canada (SPAC; www.shiatsupractor.org, Zugriff 2011).). Die bei uns im Westen wohl bekannteste Weiterentwicklung stammt von Masunaga.


Shiatsu in der Tradition von Shitsuto Masunaga

Shitsuto Masunaga (1925 bis 1981) studierte in Kyoto Psychologie. Nach dem Abschluss seines Studiums, 1949, wandte er sich dem Shiatsu zu und unterrichtete zudem an der Japanese Academy of Shiatsu klinische Psychologie. Seine Suche nach einer (alternativen) Shiatsu-Theorie führte schließlich dazu, dass er das Iokai Shiatsu entwickelte, das heute im Westen vor allem als Zen Shiatsu bekannt wurde.[16]In Japan spricht man von Iokai Shiatsu, weil das Wort Zen religiöse Bedeutung hat. Iokai bedeutet „Association of the King of Medicine“.

Cover von "Zen Shiatsu"

Masunaga war Mitglied der „Japanese Society of Psychology“ und der „Japanese Society of Oriental Medicine“, beides Einflüsse, die in dem von ihm entwickelten Shiatsu von Bedeutung sind, stellt er doch dem sehr westlich aufgebauten und betont somatischen Konzept des Namikoshi-Shiatsu die Verwandtschaft mit Zen entgegen. So wie sich im Zen Antworten nicht durch den Verstand, sondern nur durch die Meditation begreifen lassen, so handle es sich auch bei Shiatsu um eine Methode, die sich nicht verstandesmäßig erfassen lässt.[17]Quelle: Vorwort zu “Zen Shiatsu” (1977). Die deutsche Übersetzung (Shitsuto Masunaga & Wataru Ohashi: “Das große Buch der Heilung durch Shiatsu”) erschien 1985. Nicht das Drücken von Tsubos offenbart das Wesen des Shiatsu, vielmehr sei das Grundprinzip des Shiatsu, so Masunaga, einen „Kommunikationsstrom mit dem Empfänger des Shiatsu“ herzustellen. Dem Behandler kommt damit, zusammen mit der Methode, eine große Bedeutung zu.

Misst man dem kommunikativen Aspekt keine ausreichende Bedeutung bei, so warnt Masunaga, reduziere man Shiatsu zu einer mechanischen Technik – anstatt Shiatsu zu einem umfassenden Heilmittel für die Lebenskräfte in unserem Körper werden zu lassen.

So wie Namikoshi betont auch Masunaga die Diagnostik, die mit der Berührung einhergeht („Diagnose und Behandlung zugleich“). Wesentlich ist dabei jedoch, dass nicht nach einer Krankheit gesucht wird, man sich vielmehr bemüht, die KlientIn psychisch und körperlich auf der Basis der östlichen Philosophie und Medizin zu verstehen und zu erfassen.

Spricht man vom Masunaga-Stil, so ist dieser vor allem in dem 1977 erschienenen „Zen Shiatsu. How to Harmonize Yin and Yang for Better Health” schriftlich dargelegt.[18]Die deutsche Erstausgabe erschien 1985 unter dem Titel „Das große Buch der Heilung durch Shiatsu” im Scherz Verlag, später unter “Shiatsu. Theorie und Praxis der japanischen … weiterlesen

Shiatsu-Arbeit mit dem Ellbogen
Arbeit mit dem Ellbogen
Shiatsu-Arbeit mit dem Knie
Arbeit mit dem Knie

Wesentliche, vom Namikoshi-Stil abweichende Elemente des Shiatsu nach Masunaga:

  • Behandelt werden Meridiane, vor allem die „Masunaga-Meridiane“, nicht Punkte.
  • Die Meridiane werden nicht nur mit Händen und Fingern bearbeitet, sondern durchaus auch mit Ellbogen, Knie oder Füßen[19]Auch wegen der Verwendung von Ellbogen, Knien, Füßen in der Behandlung, die nach der Namikoshi als nicht adäquat für Shiatsu gilt, stellen manche Vertreter der Namikoshi-Tradition in Frage, ob es … weiterlesen, und auch erweiternde Arbeitstechniken wie die Verwendung der „Mutter-Hand-Technik“ kennzeichnen den Ansatz Masunagas.
  • Grundlegend sind die östliche Philosophie und Medizin wie auch ein psychologisches Verständnis des Menschen.
  • Für die Diagnostik werden vor allem die Hara-Diagnostik, aber auch andere traditionell begründete Diagnostikverfahren herangezogen, um besser zu erkennen, bei welchen Meridianen eine Behandlung angebracht ist.


Shiatsu ist Vielfalt

Weitere, verbreitete Formen, um nur einige der bekanntesten und schon länger bestehenden Entwicklungen herauszugreifen, sind Meridian Shiatsu, Tsubo Shiatsu, Barfuß-Shiatsu, Ohashiatsu, Tao Shiatsu, Fünf Elemente-Shiatsu und Macrobiotic Shiatsu.[20]Die nachfolgenden Beschreibungen erheben keinen Anspruch weder auf Vollständigkeit, noch auf vollständige Korrektheit. Ihr Ziel in diesem Zusammenhang ist einzig und allein die Vielfältigkeit der … weiterlesen

  • Meridian (Keiraku) Shiatsu beruht im Wesentlichen auf der Theorie der traditionellen chinesischen Medizin und geht auf Tadashi Izawa zurück, der 1964 „Meridian and Shiatsu Therapy“ veröffentlichte.
  • Tsubo Shiatsu wurde etwa 1980 entwickelt und geht auf Hiroshi Ishizuka zurück. Bekannt wurde Tsubo Shiatsu durch das gleichnamige Buch von Kiyoshi Ikenaga.
  • Barfuß-Shiatsu wurde von Shizuko Yamamoto entwickelt, deren Interesse und Ausbildung dem damals praktizierten Shiatsu, Akupunktur, Seitai (Korrektur der Knochenstellungen), Chinesische Medizin und Aikido wie auch der makrobiotischen Ernährung galten. Ihre Technik hat sich vor allem im Umfeld der Makrobiotik verbreitet.[21]Shizuko Yamamoto: Barfuß-Shiatsu, 1992 (Original: „Barefoot Shiatsu“, 1979).
  • Ohashiatsu ist die von Wataru Ohashi, einem Schüler von Masunaga, entwickelte Form des Shiatsu.
  • Tao Shiatsu geht auf Ryukyu Endo zurück, der ursprünglich der Iokai-Tradition Masunagas gefolgt war. Für Tao Shiatsu typisch ist eine religiöse und spirituelle Praxis, die mit der Anwendung des Shiatsu verbunden wird.       
  • Fünf Elemente-Shiatsu bezieht sich primär auf die Lehre der Fünf Elemente der traditionellen chinesischen Medizin, wobei insbesondere die Emotionen eine bedeutende Rolle spielen.[22]https://www.massagemag.com/an-overview-of-five-element-shiatsu-33875, http://www.ofspirit.com/sucousineau1.htm, https://shiatsu.co.uk/shiatsu (Zugriff 5. Juni 2017).
  • Macrobiotic Shiatsu geht auf Michio Kushi zurück, der vor allem für die Verbreitung und Weiterentwicklung der Makrobiotik bekannt wurde, und orientiert sich an den klassischen Akupunkturmeridianen, an den Barfußtechniken sowie am makrobiotischen Ideal einer harmonischen Lebensweise.


Nebenströmungen

Weniger bekannt ist wahrscheinlich die zeitlich auch schon frühe Verknüpfung von Shiatsu mit Lehren von Bhagwan Shree Rasjeesh (später: Osho), in der Elemente des Namikoshi-Shiatsu, Yin-/Yang- und Ki-Konzepte mit Bhagwans Konzepten von Meditation und Körperarbeit verwoben wurden.[23]Swami Deva Garjan: Handbuch für Shiatsu. Edition Gyandip, Zürich 1983. Diese Form des Shiatsu wurde vor allem in der damals so genannten „Sannyas-Bewegung“ angewendet und weitergegeben.

Cover des Handbuchs für Shiatsu
Cover des Handbuchs für Shiatsu (Swami Deva Garjan)
Shiatsu-Arbeit nach Swami Deva Garjan
Shiatsu-Arbeit nach Swami Deva Garjan


Modernere Strömungen und Entwicklungen

Vielfältig sind zudem die späteren Entwicklungen und Erweiterungen des Shiatsu. Beispiele dafür sind Shin So Shiatsu, Strukturelles Shiatsu, Quantum Shiatsu und Multidimensionales Shiatsu bis hin zu Seiki.[24]Die nachfolgenden Beschreibungen erheben keinen Anspruch weder auf Vollständigkeit, noch auf vollständige Korrektheit. Ihr Ziel in diesem Zusammenhang ist einzig und allein, die Vielfältigkeit der … weiterlesen

  • Shin So Shiatsu geht auf Tetsuro Saito zurück und beruht auf seinem Verständnis von fünf Ebenen, die den Energiefluss des menschlichen Organismus bestimmen, wobei das Meridiansystem die erste Ebene bildet.
  • Strukturelles Shiatsu wurde von Jörg Schürpf entwickelt und integriert Zugänge aus der Osteopathie in die Arbeit mit Shiatsu.
  • Quantum Shiatsu beruht auf Pauline Sasaki, versteht sich als Verbindung von traditionellem Shiatsu mit der Quantenphysik und zielt auf die Einbeziehung aller multidimensionalen Aspekte des Lebens. Durch eine feinstofflich ausgerichtete Arbeit sollen die Energien des grobstofflichen Körpers darin unterstützt werden sich zu öffnen und zu einem größeren Energiekörper auszudehnen.
  • Multidimensionales Shiatsu geht ebenfalls auf Pauline Sasaki zurück und strebt danach, den Menschen als irdisches und himmlisches Wesen zu berühren.[25]Brigitte Ladwig: Multidimensionales Shiatsu – den Menschen als irdisches und himmlisches Wesen berühren. http://www.myshiatsuonline.de/was-ist-multidimensionales-shiatsu (Zugriff 26. März 2017). Multidimensionales Shiatsu bezieht Energien und Informationen der ausgedehnteren und feiner schwingenden Körper und Strukturen in die Arbeit mit Shiatsu ein, damit das universelle Bewusstsein (leichter) in alle Lebensmuster hinein wirken kann und Licht-Informationen im Körper verankert werden.
  • Seiki wurde von Akinobu Kishi begründet und geht gleichsam über Shiatsu hinaus, da Struktur und Form im Shiatsu ihre Wichtigkeit haben, die Wahrnehmung und das Geschehen aber auch behindern können. Seiki lässt sich übersetzen mit „Bewegung des Lebens” oder auch „geordnete Seele“, „Zusammenarbeit”, „Osmose”, “leerer Raum” und bedeutet in der Arbeit den Weg des einfachen Da-Seins und des Nicht-Tuns.[26]Ob Seiki als (eigenständige) Shiatsu-Technik zu bewerten ist, wird kontrovers diskutiert.


Klassifikation der American Organization for Bodywork Therapies of Asia

Die  American  Organization  for  Bodywork  Therapies  of  Asia  (OABTA[27]Quelle: http://www.aobta.org (Zugriff 26. März 2017).)  klassifiziert  verschiedene Shiatsu-Ansätze  und  fasst  dabei verschiedene  Methoden  bzw. Zugänge zusammen:  Five  Element  Shiatsu,  Integrative Eclectic Shiatsu, Japanese Shiatsu, Macrobiotic Shiatsu, Shiatsu Anma Therapy und Zen Shiatsu.[28]ABT  (Asian  Bodywork  Therapy)  promotes,  maintains,  and  restores physical,  emotional,  mental,  energetic,  and  spiritual … weiterlesen


Shiatsu ist ein Kind seiner Zeit und seines Umfelds

2002 veröffentlichte Glyn Adams[29]Glyn Adams: Shiatsu in Britain and Japan: personhood, holism and embodied aesthetics. In: Anthropology and Medicine Vol. 9, No. 3, 2002. in „Anthropology and Medicine einen Vergleich zwischen Shiatsu in Großbritannien und in Japan“. Als augenfälligen Unterschied beschreibt er beispielsweise, dass keine der Shiatsu-Behandlungen auf dem Futon erfolgte.[30]Gerade aber der Umstand, dass Shiatsu am Boden (auf der Matte, dem Futon) ausgeübt wird, ist ein im Westen häufig beschriebenes Merkmal von Shiatsu und findet sich beispielsweise auch in der … weiterlesen Erklärt wird dieser Umstand in Japan mit dem Hinweis auf die Belastung der Knie, wenn man am Boden arbeitet. Und doch – geradezu paradoxerweise – werden Europäer, die Shiatsu lernen und im allgemeinen weder mit dem Seiza- noch dem Yoga-Sitz vertraut sind, von ihren Lehrern zur knienden Ausübung angehalten.

Adams hinterfragt in seiner Untersuchung die Unterschiede der Shiatsu-Anwendungen in Ost und West, und kommt zum Schluss, dass es sich bei vielen Aspekten des im Westen unterrichteten Shiatsu um Elemente eines globaleren Kontextes handelt – des kulturellen Kontext, in dem Shiatsu gelehrt und ausgeübt wird. Selbst Unterschiede in grundlegenden Denk- und Wahrnehmungsprozessen bilden sich, wie mittlerweile mehrfach in experimentellen Studien (vor allem durch R.E. Nisbett, aber auch durch U. Kühnen[31]R.E. Nisbett: The Geography of Thought. 2003; R.E. Nisbett, K. Peng, I. Choi und A. Norenzayan: Culture and Systems of Thought. In: Psychological Review 108, 2001; U. Kühnen: Denken auf asiatisch. … weiterlesen) nachgewiesen wurde, durch kulturelle Prägungen heraus. Asiatische und westliche (amerikanische ebenso wie europäische) Kulturangehörige unterscheiden sich systematisch in der Art und Weise ihrer Wahrnehmung – und damit auch Selbstwahrnehmung.[32]Genetische Unterschiede können als Ursache dafür ausgeschlossen werden, wie weiterführende Untersuchungen gezeigt haben.

Westliche Menschen, so zeigen die Untersuchungen, neigen dazu, Objekte isoliert zu betrachten, wohingegen Menschen, die im Osten aufwachsen, den Kontext deutlich stärker einbeziehen. Die Gründe dafür liegen, so die Annahme von Nisbett und anderen, in den weltanschaulichen Grundlagen dieser Kultur, die unter anderem der Verbundenheit von allem mit allem eine herausragende Stellung im Denken und Handeln einräumen. Nichts, so der fernöstliche Ansatz, kann unabhängig vom Zusammenhang betrachtet werden, alles ist Teil eines größeren, komplexen Ganzen – auch das, was (scheinbar) widersprüchlich ist.

Weite Bereiche unseres Verständnisses von Shiatsu sind der Analyse Adams zufolge damit weniger von der japanischen Shiatsu-Tradition geprägt als von der westlichen Alternativ- oder New Age-Bewegung. Als Beispiel dazu führt er das Verständnis der Ganzheitlichkeit an.


Ganzheitlichkeit im Verständnis von Ost und West

In Japan, so Adams[33]Adams bezieht sich dabei vor allem auf M. Lock: „East Asian Medicine in Urban Japan: Varieties of Medical Experience“, 1980., wird Krankheit nicht als ein individuelles Schicksal verstanden, vielmehr als eine familiäre Angelegenheit. Krankheit ist ein Ereignis für das sich die gesamte Familie die Verantwortung teilt. Und damit trägt die Familie auch zur Überwindung der Erkrankung bei, beispielsweise durch die Zubereitung spezieller Nahrungsmittel oder Heilkräuter. Auf diesem Hintergrund lässt sich dann auch verstehen, warum die familiäre und soziale Umwelt in Japan traditionell kaum (explizit) in die Behandlung einbezogen wird: sie ist es quasi automatisch. Ganzheitlichkeit bedeutet in der traditionellen Medizin Japans deshalb konkret insbesondere, dass alle Teile und Bereiche des Körpers untereinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen.

Das japanische Verständnis des Selbst (jibun verbindet die Zeichen für „Selbst“ und „Teil“) impliziert immer ein Selbst, das nicht für sich allein existiert, sondern ausschließlich im Kontext mit Anderen. Der therapeutische Zugang, der scheinbar reduktionistisch, symptomorientiert und mehr physikalisch erfolgt, bezieht deshalb – durch den soziokulturellen Rahmen, in den er eingebettet ist – zugleich immer auch das soziale Netzwerk, die Menschen, mit denen der Betroffene lebt und arbeitet, in die therapeutische Verantwortung mit ein.

Anders ist es bei uns im Westen. Hier strebt die moderne Gesellschaft die individuelle Verwirklichung an. Während noch in der Renaissance das Selbst in eine vorgegebene Ordnung eingebettet war – geprägt von der Tradition und kontrolliert von äußeren Autoritäten –, ist die Moderne durch einen starken Impuls zum Individualismus gekennzeichnet.[34]Individualismus definiert R. Robertson (GLobalization. Social Theory and Global Culture. Sage, London 1992) als „process of global redefinition of persons as complete wholes rather than as … weiterlesen Die Menschen heute leben (zunehmend) nicht mehr nach äußeren Moralvorgaben, sondern aus einer inneren, reflexiven Organisation des eigenen Selbst. Und das bedeutet auch, dass die Verantwortung für Gesundheit, Krankheit und Heilung in einem deutlich größeren Ausmaß beim Einzelnen liegt.[35]Dieses Konzept des Individuums, des Individualismus, so R. Coward (The Whole Truth: The Myth of Alternative Health. Faber and Faber. London 1989), wohnt vielen alternativen Heilmethoden inne – … weiterlesen

Shiatsu verspricht hier mit seinem Ziel Körper, Seele und Geist zu integrieren, den Menschen in seiner Ganzheit anzusprechen und zu einem authentischen Leben zu führen, einen Weg zu mehr innerem Gleichgewicht und Gesundheit. Dabei aber, und das stellt Adams deutlich heraus, ist dieser Ansatz vor allem dem „expressiven Individualismus“ des New Age zuzuordnen: Die Suche nach einem „authentischen Leben“, die Erfahrung und Verwirklichung der „wahren menschlichen Natur“, „Persönlichkeitsentwicklung“, „bedeutungsvolle Beziehungen“ und eine „Übereinstimmung mit dem eigenen Selbst“.[36]P. Heelas („The New Age Movement. The Celebration of Self and Sacralization of Modernity”, 1996) unterscheidet zwischen dem „praktischen Individualismus“ und dem „expressiven … weiterlesen


Jede Methode ist abhängig vom Kontext, in dem sie sich entwickelt und ausgeübt wird

Um das Wesen von Shiatsu zu verstehen, ist es wichtig, Shiatsu in seinem Kontext zu verstehen.[37]Den enormen Stellenwert, den Kontext ins Verständnis der Methode einzubeziehen, beschreiben auch Zhang Yu Huan und Ken Rose in ihrem Buch „Den Drachen reiten. Die kulturellen Wurzeln der … weiterlesen Fragestellungen dazu sind: Welche sozialen, kulturellen und geschichtlichen Bedingungen beeinflussen die Entstehung, Anwendung und Darstellung von Shiatsu? Wovon will und/oder muss es sich in seiner Entwicklung abgrenzen? Welches Ziel wird verfolgt, was soll erreicht werden?

Der größere Zusammenhang, der Hintergrund auf dem sich Shiatsu in Japan entwickelt hat:[38]Den enormen Stellenwert, den Kontext ins Verständnis der Methode einzubeziehen, beschreiben auch Zhang Yu Huan und Ken Rose in ihrem Buch „Den Drachen reiten. Die kulturellen Wurzeln der … weiterlesen

  • Nach der Meji-Revolutution[39]Die Meji-Zeit (1868 – 1912) bedeutete den Übergang von der feudalen zur kapitalistischen Gesellschaft. Der 5. Artikel der Eidescharta des Tenno (Kaiser) vom 4. April 1868 sieht vor, dass das … weiterlesen 1868 wurde die westliche Medizin – verordneterweise – in Japan übernommen, um auch auf medizinischem Gebiet den westlichen Ländern gleichzuziehen. Mit dazu beigetragen hatte auch, dass die traditionelle Medizin gegen die grassierenden Seuchen und Epidemien kaum etwas ausrichten konnte, die westlichen Impfmethoden aber erfolgreich angewendet wurden. Hatte bislang die in der Tradition Chinas stehende traditionelle japanische Medizin[40]Die traditionelle japanische Medizin war weltanschaulich geprägt vom buddhistischen, daoistischen, konfuzianischen und shintoistischen Hintergrund Japans. eine dominierende Rolle innegehabt, so standen nun zunehmend moderne westliche und traditionelle fernöstliche Medizin (feindlich) nebeneinander. Die westliche Medizin wurde für angehende Ärzte verpflichtend, und ein Teil der traditionellen Methoden sogar verboten. Wenngleich anfänglich nur wenig Anklang in der Öffentlichkeit für die westliche Medizin bestand – auch weil sie teurer und teilweise von schlechter Qualität war –, so kam es durch ihren Einsatz zur Versorgung des Militärs (um 1900) zum entscheidenden Durchbruch ihrer Akzeptanz.[41]Nach Christian Oberländer: „Zwischen Tradition und Moderne: die Bewegung für den Fortbestand der Kampo-Medizin in Japan“, 1955 (zitiert nach Dorothea Ziegler: „Shiatsu bewegt Menschen. … weiterlesen
  • Bis zur Meji-Restauration war das medizinische System Japans dadurch geprägt, dass das Erlernen von Anma als Grundlage für das praktische Verständnis des Körpers galt. Jeder Arzt musste deshalb in seiner Ausbildung Anma lernen und ausüben. Nun aber, durch den zunehmenden Einfluss der westlichen Medizin verloren die traditionellen Methoden zunehmend an Ansehen und Bedeutung, so dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts Anma vorwiegend zu Entspannung und Vergnügen angewendet wurde.[42]Weniger waren es Unterschiedlichkeiten in den Griffen und Ansätzen, die zur späteren Trennung zwischen Anma und Shiatsu geführt haben, als vielmehr die Abgrenzung zwischen Behandlungen, die mehr … weiterlesen
  • Unter dem Druck der zunehmenden Bedeutungslosigkeit und des zeitweisen Verbots traditioneller Methoden begannen sich die traditionellen Ärzte und Behandler zu organisieren, ein kohärentes Theoriegebäude zu schaffen und sich an die westlichen Konzepte anzupassen. Zudem stiegen auch Zweifel an der forcierten Übernahme der westlichen Medizin auf und insbesondere mit dem 2. Weltkrieg nahm das Interesse an den traditionellen Methoden wieder zu, so dass diese (hier vor allem Kräutermedizin, Akupunktur, Moxibustion und manuelle Behandlungen) neben der westlichen Medizin bestehen blieben.
  • Im Zuge der allgemeinen Unterdrückung der traditionellen japanischen Kultur nach dem Ende des 2. Weltkrieges durch die Kapitulation Japans verbot die amerikanische Besatzungsmacht Anma (und damit auch Shiatsu, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht als eigenständige Methode etabliert war). Sämtliche nicht-regulierten Methoden wurden einer strengen westlich-wissenschaftlichen Prüfung unterzogen. 1957 wurde Namikoshis „Japan Shiatsu School“ in Tokyo lizensiert und 1964 wurde Shiatsu auf diesem Hintergrund als eigenständige Therapieform anerkannt..
  • Um legal arbeiten zu können, mussten sich traditionelle Ärzte und Behandler im westlich-medizinischen Rahmen erklären. Wissenschaftlich nicht bzw. nur schwer nachweisbare traditionelle Lehren (wie das Meridiansystem, die Lehre von der Fünf Elementen u.ä.m.) wurden deshalb vielfach weggelassen und in ihrer Bedeutung geleugnet oder herabgesetzt.

Namikoshi berief sich „folgerichtig“ vor allem auf westliche anatomische und physiologische Konzepte, und Punkte wurden als Reflexzonen wichtiger als nicht nachweisbare Meridiane. Seine Arbeit baute er nicht auf den traditionellen Theorien auf, sondern auf dem westlichen Wissen um Muskeln und Skelettaufbau, Nervensystem und neuromuskuläre Zonen, Dermatome und Headsche Zonen. Erst später haben Elemente der traditionellen Medizin wieder vermehrt Eingang in das offizielle (und vor allem das nicht-offizielle) Shiatsu gefunden.[43]Glyn Adams zitiert in diesem Zusammenhang Endo Ryoku (Shiatsu-Meister und buddhistischer Priester der Reine Land-Tradition), dass Shiatsu im Japan von heute kaum als Möglichkeit wahrgenommen wird, … weiterlesen


Berufspolitik beeinflusst die Integration von Shiatsu im Westen – am Beispiel Österreichs

Auch bei der Einbettung von Shiatsu im Westen sind aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklungen maßgeblich und haben das heutige Bild von Shiatsu und seine berufliche Positionierung geprägt. Am Beispiel Österreichs dargestellt: Während sich Shiatsu in seiner Entstehungsphase in Japan von der traditionellen japanischen Massage (Anma) abzutrennen suchte, stand in Österreich die Abgrenzung von der westlichen Massage im Vordergrund. Als wesentliche Bestandteile des Shiatsu wurden deshalb die fernöstliche Philosophie und das fernöstliche Gesundheitsverständnis in den Mittelpunkt der Definition gerückt. Aber auch die Arbeit aus dem Hara und am Boden (Futon) werden als unterscheidende Merkmale zur westlichen Massage angeführt. Klassische Meridiane und über hundert Tsubos, die aus der traditionellen chinesischen/japanischen Medizin entstammen, sind – ganz im Gegenteil zur japanischen Definition – verpflichtende und grundlegende Bestandteile des in Österreich gesetzlich anerkannten Curriculums.[44]Die Massage-Verordnung vom 28. Jänner 2003 bildet die rechtliche Grundlage für die berufliche Ausübung von Shiatsu in Österreich … weiterlesen

Dazu kommen, gleichsam als Einbettung in das westliche Gesundheitsverständnis, Erste Hilfe und Hygiene, westliche Anatomie und Physiologie[45]Die Ausbildungsrichtlinien des Dachverbandes umfassen – in Ergänzung zu den gesetzlichen Anforderungen – auch (westliche) Pathologie im Ausmaß von 50 Stunden. und – aus dem Hintergrund der Erfahrungen in Österreich – auch „Begleitende Gesprächsführung“ und Selbsterfahrung. Letztere weil bei uns im Westen wohl allgemein, mit Sicherheit aber in Österreich, oftmals ein großes Bedürfnis besteht, den Shiatsu-Gebenden auch als Begleiter und Ratgeber für Lebensfragen anzusprechen. Hier macht es Sinn und ist für die professionelle Ausübung von Shiatsu wichtig, dass Shiatsu-Praktizierende Verständnis und Erfahrung mit nicht-direktiver, begleitender Gesprächsführung schon in ihrer Ausbildung erwerben und auch ihre persönlichen und professionellen Grenzen im Sinne von Selbsterfahrung und beruflicher Ethik kennenlernen.


Shiatsu in Europa – ein europäisches Shiatsu?

Europa blickt mittlerweile auf eine mehr als 40jährige Shiatsu-Geschichte zurück. Von diesen Anfängen bis heute hat sich Shiatsu auch in Europa weiterentwickelt, eingepasst in seine kulturelle, soziale und gesellschaftliche Landschaft. Es hat Entwicklungen genommen, die die Frage nach dem Wesen des Shiatsu und sein Selbstverständnis in Europa aufwerfen. Konsequenterweise hatte Wilfried Rappenecker den von ihm 2004 organisierten Kongress in Kiental (Schweiz) unter dieses Motto gestellt und hinterfragt, was denn dieses Shiatsu ist, das in Europa praktiziert wird. Nicht: Wie soll das Shiatsu sein? Vielmehr: Was ist es? Wie wird es angewendet? Mit welchem Selbstverständnis und welchem Ansatz wird in Europa praktiziert und gelehrt?


East meets West

Vom 29. April bis 3. Mai 2009 kam es in Rom zu einem für das europäische Verständnis von Shiatsu wichtigen Brückenschlag im Rahmen des 21. Symposium der F.I.S. (Federazione Italiana Shiatsu): Unter dem Motto „Lo Shiatsu oggi: esperienze in un confronto internazionale” fand eine Begegnung der besonderen Art statt. Auf der einen Seite präsentierte das Japan Shiatsu College Tokyo (Kazutami Namikoshi, Yuji Namikoshi, Akitamo Kobayashi und Shouji Masuda) in Zusammenarbeit mit Namikoshi Shiatsu Europe (NSE und NSE Italia: Shigeru Onoda, Roberto Taverna, Paola Frandoni und Alessandro Chiapperi) das in Japan allein staatlich anerkannte Namikoshi-Shiatsu. Und auf der anderen Seite reichte der Bogen von Shiatsu in der Tradition von Masunaga (z.B. Cliff Andrews, Peter Itin, Gabrielle Poli, Guiseppe Montanino) bis hin zu neueren Entwicklungen wie Tao-Shiatsu (Ryokyo Endo) und Seiki (Akinobu Kishi).

Im abschließenden Roundtabe über die Zukunft von Shiatsu überrraschte Shigeru Onoda (Präsident von Namikoshi Shiatsu Europe[46]http://www.namikoshishiatsueuropa.net) mit der Aussage, dass die Shiatsu-Entwicklungen in Europa einen bedeutenden Einfluss auf das japanische Shiatsu ausüben.

Die Anforderungen an Shiatsu-Behandlungen, so führte Shigeru Onoda aus, haben sich durch die veränderten Lebensbedingungen im Laufe der Jahre gewandelt. Heute sei es nicht mehr so sehr eine Frage der (tradierten) Methode, vielmehr hat sich der Fokus vom körperlichen Aspekt, wie er von Namikoshi ursprünglich ins Zentrum seiner Methode gestellt wurde, wegentwickelt. Heute sind zunehmend Qi und Geist (spirit) in den Mittelpunkt der Behandlungen gerückt. Und hier, so betonte Shigeru Onoda, ist der Einfluss des Westens, insbesondere der Einfluss des europäischen Shiatsu von großer und (mit)bestimmender Bedeutung.[47]Quelle: Shiatsu-Newsletter 157/2009; https://www.shiatsu-austria.at/index.php/newsletter/newsletter-archiv/finish/43-newsletter-archiv/1114-shiatsu-newsletter (Zugriff 6. Juni 2017, Link aktuell … weiterlesen


Ein Stamm und viele Äste

Das „eine“ Shiatsu scheint es nicht zu geben, zu unterschiedlich sind die Ansätze, die sich teilweise nahezu gleichzeitig, teilweise im Laufe der Jahre entwickelt haben. Vielleicht ist es aber auch nicht die adäquate Frage.[48]Wollte man eine Festlegung treffen, so wäre wohl das ursprüngliche in Japan entwickelte und allein anerkannte Namikoshi-Shiatsu der einzige Fixpunkt. Eine Festmachung an der österreichischen … weiterlesen) nicht in den Curricula der Verbände (und der Massage-Verordnung) findet. Begrifflichkeiten und Inhalte sind hier aufgelistet und werden in der Ausbildung gefordert, die nicht dem Verständnis des Namikoshi-Shiatsu entsprechen. In Italien wird derzeit, beginnend mit dem Rom-Meeting 2009, eine Integration des Namikoshi-Stils in die FIESO betrieben.)) Vielleicht stellt sich stattdessen die Frage, was alles Shiatsu ist, und – um mit Roberto Taverna von Namikoshi Shiatsu Europa und Repräsentant des Japan Shiatsu College Tokyo in Europa, zu sprechen:  „Ich hatte einen Traum“ begann Roberto Taverna und verglich die Situation des Shiatsu heute im Spannungsfeld zwischen Tradition und Vielfalt der neueren Ansätze und Entwicklungen mit dem persönlichen Wunsch, (wieder) jung sein zu können und Shiatsu auf diesem Hintergrund erfahren, erlernen und erleben zu können: Eine Art „Basis-Shiatsu“ unterrichtet zu bekommen – wie Stamm und Wurzeln eines großen Baums – und dann den Reichtum der verschiedenen Stile und Zugänge – wie die vielen Äste und Zweige dieses Baums – erfahren und so den eigenen, persönlichen Shiatsu-Weg finden und leben zu können.[49]Shiatsu-Newsletter 157/2009 vom 1. Juni 2009 (https://www.shiatsu-austria.at/index.php/newsletter/newsletter-archiv/finish/43-newsletter-archiv/1114-shiatsu-newsletter; Zugriff 6. Juni 2017; Link … weiterlesen


Quellen

  • Adams, Glyn: Shiatsu in Britain and Japan: personhood, holism and embodied aesthetics. In: Anthropology and Medicine Vol. 9, No. 3, 2002.
  • Heelas, P.: The New Age Movement. The Celebration of Self and Sacralization of Modernity”. 1996.
  • Japan Shiatsu College (http://e.shiatsu.ac.jp, Zugriff 6. Juni 2017).
  • Kühnen, Ulrich: “Denken auf asiatisch”. In: Gehirn & Geist 3, 2003.
  • Nisbett, Richard: The Geography of Thought. 2003.
  • Nisbett, Richard, Peng, Kaiping, Choi, Incheol und Norenzayan, Ara: Culture and Systems of Thought. In: Psychological Review 108, 2001. 
  • Ohnuki-Tierney, Emiko: Illness and Culture in Contemporary Japan. An anthropological view. Cambridge University Press 1984.
  • Shiatsupractor´s Association of Canada (SPAC; www.shiatsupractor.org, Zugriff 2011).
  • Tripp, Eduard: Shiatsu im Wandel. Von den Ursprüngen zu einem europäischen Verständnis; https://www.shiatsu-austria.at/shiatsu-im-wandel-von-den-urspruengen-zu-einem-europaeischen-verstaendnis-dr-eduard-tripp/ (Zugriff 6. Juni 2017).
  • Yu Huan, Zhang & Ken Rose, Ken: Den Drachen reiten. Die kulturellen Wurzeln der Traditionellen Chinesischen Medizin. 2001
  • Ziegler, Dorothea: Shiatsu bewegt Menschen. Menschen bewegen Shiatsu. Diplomarbeit an der Fakultät der Sozialwissenschaften der Universität Wien, 2004.

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© Dr. Eduard Tripp, Shiatsu Senior Teacher, Psychotherapeut und Supervisor (www.eduard-tripp.at)

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Mitunter halten wir etwas einfach nur deshalb für charakteristisch oder unverfälscht, weil wir es so von unseren LehrerInnen gehört und gelernt haben. Das aber bedeutet noch nicht unbedingt, dass es generell so gelehrt wird und/oder typisch für Shiatsu generell ist – wahrscheinlich aber typisch für diese LehrerIn.

Recherche, Objektivität und Transparenz aber sind die Basis von Wissenschaft und gewissenhafter Meinungsbildung. Und Falsifizierbarkeit, um einen Sachverhalt überhaupt als wahr anerkennen zu können, ist (nach Karl Popper) ein entscheidendes Kriterium für „Wahrheit“ – im Gegensatz zu jenem „freien“ Umgang mit der Wahrheit, der sich zunehmend einbürgert hat, in dem Gefühle („Truthiness“ nach dem US-Satiriker Stephen Colbert) oder die gleichen Meinungsäußerungen in sozialen Blasen (Nach dem Motto: „So viele Gleichgesinnte können nicht irren“) als Nachweis ausreichen, um etwas als wahr anzusehen.

2 Ich beziehe mich hier vor allem auf Österreich, tendenziell gilt das aber sicher auch für Deutschland und die Schweiz. Anders vielleicht in Italien, wo Namikoshi-Shiatsu stärker verbreitet ist als in den deutschsprachigen und den meisten anderen europäischen Ländern.
3 Siehe http://e.shiatsu.ac.jp (Zugriff 5. Juni 2017).
4 Japan-Besucher machen deshalb auch die manchmal verstörende Erfahrung, dass Shiatsu in Japan (meist) so ganz anders ist. Siehe https://www.shiatsu-austria.at/index.php/forschung-zu-shiatsu-tcm/shiatsu-in-grossbritanien-und-japan (Zugriff 5. Juni 2017).
5 Festgehalten ist dies im heute ältesten japanischen Medizinbuch, dem Ishinboh von Yasuyori Tanba (984).
6 Toru Namikoshi: „The Complete Book of Shiatsu Therapy”, 1974.
7 Dr. Katsusuke Serizawa war 1955 als Vertreter für Akupunktur, Moxibustion und Anma beim Hearing des japanischen Gesundheitsministeriums und betrachtet Shiatsu als alte japanische Therapie in der Tradition von Anma. Er attestierte Shiatsu den Status einer traditionellen japanischen Manualbehandlung, die sich aus einer alten Wurzel des Anma entwickelte. Seine Definition von Shiatsu wurde 1957 („The Theory and Practice of Shiatsu”) vom japanischen Gesundheitsministerium veröffentlicht.
8 „Shi” bedeutet Finger, „oyayubi” Daumen und „atsu“ Druck, doch lässt sich Shiatsu sinngemäß sowohl als Finger- als auch als Daumendruck übersetzen.
9 In „Shiatsu Ryoho“ (übersetzt: Shiatsu-Behandlung), veröffentlicht 1919, hat Tenkai Tamai westliches anatomisches Wissen mit der traditionellen japanischen Behandlung verbunden.
10 In „Shiatsu Ryoho“ (Nach Shiatsupractor´s Association of Canada (SPAC; www.shiatsupractor.org), die der in Japan anerkannten Shiatsu-Ausbildung Namikoshis folgt (Zugriff 2011).
11 Nach Namikoshi Shiatsu Europa: http://www.namikoshishiatsueuropa.net/es/historia-del-shiatsu (Zugriff 2011).
12 http://e.shiatsu.ac.jp (Zugriff 5. Juni 2017).
13 Nach http://www.shiatsupractor.org/isac/newsletter3.htm (Zugriff 2011; Link aktuell nicht mehr verfügbar).
14 Die meines Wissens erste (und damit frühere) Darstellung des Namikoshi-Shiatsu im deutschen Sprachraum stammt von Tokujiro Namikishi („Shiatsu. Heilung durch die Fingerspitzen”) und beruht auf dem 1969 erschienenen „Shiatsu. Health and Vitality at Your Fingertips”.
15 Die Bezeichnung „Derivate Shiatsu“ beruht auf den Ausführungen der Shiatsupractor´s Association of Canada (SPAC; www.shiatsupractor.org, Zugriff 2011).
16 In Japan spricht man von Iokai Shiatsu, weil das Wort Zen religiöse Bedeutung hat. Iokai bedeutet „Association of the King of Medicine“.
17 Quelle: Vorwort zu “Zen Shiatsu” (1977). Die deutsche Übersetzung (Shitsuto Masunaga & Wataru Ohashi: “Das große Buch der Heilung durch Shiatsu”) erschien 1985.
18 Die deutsche Erstausgabe erschien 1985 unter dem Titel „Das große Buch der Heilung durch Shiatsu” im Scherz Verlag, später unter “Shiatsu. Theorie und Praxis der japanischen Heilmassage” im Rowohlt Taschenbuch Verlag.
19 Auch wegen der Verwendung von Ellbogen, Knien, Füßen in der Behandlung, die nach der Namikoshi als nicht adäquat für Shiatsu gilt, stellen manche Vertreter der Namikoshi-Tradition in Frage, ob es sich bei Zen Shiatsu (Iokai Shiatsu) überhaupt noch um Shiatsu handelt.
20 Die nachfolgenden Beschreibungen erheben keinen Anspruch weder auf Vollständigkeit, noch auf vollständige Korrektheit. Ihr Ziel in diesem Zusammenhang ist einzig und allein die Vielfältigkeit der Shiatsu-Ansätze darzulegen.
21 Shizuko Yamamoto: Barfuß-Shiatsu, 1992 (Original: „Barefoot Shiatsu“, 1979).
22 https://www.massagemag.com/an-overview-of-five-element-shiatsu-33875, http://www.ofspirit.com/sucousineau1.htm, https://shiatsu.co.uk/shiatsu (Zugriff 5. Juni 2017).
23 Swami Deva Garjan: Handbuch für Shiatsu. Edition Gyandip, Zürich 1983.
24 Die nachfolgenden Beschreibungen erheben keinen Anspruch weder auf Vollständigkeit, noch auf vollständige Korrektheit. Ihr Ziel in diesem Zusammenhang ist einzig und allein, die Vielfältigkeit der Shiatsu-Ansätze darzulegen.
25 Brigitte Ladwig: Multidimensionales Shiatsu – den Menschen als irdisches und himmlisches Wesen berühren. http://www.myshiatsuonline.de/was-ist-multidimensionales-shiatsu (Zugriff 26. März 2017).
26 Ob Seiki als (eigenständige) Shiatsu-Technik zu bewerten ist, wird kontrovers diskutiert.
27 Quelle: http://www.aobta.org (Zugriff 26. März 2017).
28 ABT  (Asian  Bodywork  Therapy)  promotes,  maintains,  and  restores physical,  emotional,  mental,  energetic,  and  spiritual health  by  treating  the human  electromagnetic  field as  it is  understood  within  the  “Qi  and  Meridian”  principles  of  Chinese Medicine,         through         various         assessments,         treatment         strategies,         and         bodywork         techniques (https://aobta.org/page/ABT_Forms; Zugriff 26. März 2017).
29 Glyn Adams: Shiatsu in Britain and Japan: personhood, holism and embodied aesthetics. In: Anthropology and Medicine Vol. 9, No. 3, 2002.
30 Gerade aber der Umstand, dass Shiatsu am Boden (auf der Matte, dem Futon) ausgeübt wird, ist ein im Westen häufig beschriebenes Merkmal von Shiatsu und findet sich beispielsweise auch in der Shiatsu-Definition des österreichischen Dachverbandes.
31 R.E. Nisbett: The Geography of Thought. 2003; R.E. Nisbett, K. Peng, I. Choi und A. Norenzayan: Culture and Systems of Thought. In: Psychological Review 108, 2001; U. Kühnen: Denken auf asiatisch. In: Gehirn & Geist 3, 2003.
32 Genetische Unterschiede können als Ursache dafür ausgeschlossen werden, wie weiterführende Untersuchungen gezeigt haben.
33 Adams bezieht sich dabei vor allem auf M. Lock: „East Asian Medicine in Urban Japan: Varieties of Medical Experience“, 1980.
34 Individualismus definiert R. Robertson (GLobalization. Social Theory and Global Culture. Sage, London 1992) als „process of global redefinition of persons as complete wholes rather than as subordinate parts of localised groups or communities.”
35 Dieses Konzept des Individuums, des Individualismus, so R. Coward (The Whole Truth: The Myth of Alternative Health. Faber and Faber. London 1989), wohnt vielen alternativen Heilmethoden inne – verbunden mit einem latenten Schuldgefühl, in der der Einzelne für seine Krankheit (mehr oder weniger ausschließlich) verantwortlich ist.
36 P. Heelas („The New Age Movement. The Celebration of Self and Sacralization of Modernity”, 1996) unterscheidet zwischen dem „praktischen Individualismus“ und dem „expressiven Individualismus“. Der „praktische Individualismus“ hat das vorrangige Ziel, die eigenen Wünsche planmäßig und antonom zu verfolgen und zu verwirklichen, der „expressive Individualismus“ hingegen verfolgt Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverwirklichung.
37 Den enormen Stellenwert, den Kontext ins Verständnis der Methode einzubeziehen, beschreiben auch Zhang Yu Huan und Ken Rose in ihrem Buch „Den Drachen reiten. Die kulturellen Wurzeln der Traditionellen Chinesischen Medizin“ (2001):
„Die chinesische Medizin ist ein kulturelles Phänomen. Um sie zu verstehen und adäquat anwenden zu können, muss man sich zuerst gründlich mit ihrem kulturellen Hintergrund vertraut machen. Nur dann ist man im Stande, ihre tiefere Bedeutung wirklich zu erschließen und sie entsprechend zu schätzen. Wenn man ihr kulturelles Substrat nicht berücksichtigt, verlieren die Methoden der chinesischen Medizin ihren multidimensionalen Charakter und verkommen zu seltsamen – ja, sogar abstrusen – Artefakten“ (S. 11).       
Neben dem angeführten Buch von Zhan Yu Huan und Ken Rose zum kulturellen Kontext der Traditionellen Chinesischen Medizin empfehlen sich auch Joseph Needham (Wissenschaftlicher Universalismus. Über Bedeutung und Besonderheit der chinesischen Wissenschaft. Suhrkamp Verlag 1977) und Marcel Granet (Das chinesische Denken. Inhalt, Form, Charakter. Suhrkamp Verlag 1985).
38 Den enormen Stellenwert, den Kontext ins Verständnis der Methode einzubeziehen, beschreiben auch Zhang Yu Huan und Ken Rose in ihrem Buch „Den Drachen reiten. Die kulturellen Wurzeln der Traditionellen Chinesischen Medizin“
39 Die Meji-Zeit (1868 – 1912) bedeutete den Übergang von der feudalen zur kapitalistischen Gesellschaft. Der 5. Artikel der Eidescharta des Tenno (Kaiser) vom 4. April 1868 sieht vor, dass das Wissen aus aller Welt zu nutzen sei für das Gedeihen der Herrschaft des Tenno.
40 Die traditionelle japanische Medizin war weltanschaulich geprägt vom buddhistischen, daoistischen, konfuzianischen und shintoistischen Hintergrund Japans.
41 Nach Christian Oberländer: „Zwischen Tradition und Moderne: die Bewegung für den Fortbestand der Kampo-Medizin in Japan“, 1955 (zitiert nach Dorothea Ziegler: „Shiatsu bewegt Menschen. Menschen bewegen Shiatsu“. Diplomarbeit an der Fakultät der Sozialwissenschaften der Universität Wien, 2004).
42 Weniger waren es Unterschiedlichkeiten in den Griffen und Ansätzen, die zur späteren Trennung zwischen Anma und Shiatsu geführt haben, als vielmehr die Abgrenzung zwischen Behandlungen, die mehr dem Wohlbefinden dienen, und solchen, die Gesundheitsförderung und Behandlung zum Ziel haben. Den Darlegungen Masunagas folgend gab es unabhängig von Namikoshi auch noch andere Ansätze, den therapeutischen Zugang des Anma zum Durchbruch zu verhelfen.
43 Glyn Adams zitiert in diesem Zusammenhang Endo Ryoku (Shiatsu-Meister und buddhistischer Priester der Reine Land-Tradition), dass Shiatsu im Japan von heute kaum als Möglichkeit wahrgenommen wird, sein Selbst, seine Persönlichkeit zu entwickeln.
44 Die Massage-Verordnung vom 28. Jänner 2003 bildet die rechtliche Grundlage für die berufliche Ausübung von Shiatsu in Österreich (https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20002472&ShowPrintPreview=True).
45 Die Ausbildungsrichtlinien des Dachverbandes umfassen – in Ergänzung zu den gesetzlichen Anforderungen – auch (westliche) Pathologie im Ausmaß von 50 Stunden.
46 http://www.namikoshishiatsueuropa.net
47 Quelle: Shiatsu-Newsletter 157/2009; https://www.shiatsu-austria.at/index.php/newsletter/newsletter-archiv/finish/43-newsletter-archiv/1114-shiatsu-newsletter (Zugriff 6. Juni 2017, Link aktuell nicht mehr verfügbar).
48 Wollte man eine Festlegung treffen, so wäre wohl das ursprüngliche in Japan entwickelte und allein anerkannte Namikoshi-Shiatsu der einzige Fixpunkt. Eine Festmachung an der österreichischen Gesetzgebung (Massage-Verordnung) hingegen ist nicht möglich, da der Gesetzgeber Shiatsu nicht definiert. Der Österreichische wie auch der Europäische Dachverband haben sich seit ihrer Gründung um eine Definition bemüht, die – nach Möglichkeit – alle vertretenen Stile und Strömungen des Shiatsu umfassen sollten. Ein Anspruch, der letztlich nicht gänzlich erfüllt wird, da sich Namikoshi-Shiatsu (das in Europa vor allem in Italien, aber auch in vielen anderen Ländern Europas, beheimatet ist((http://www.namikoshishiatsueuropa.net/es/socios/italia
49 Shiatsu-Newsletter 157/2009 vom 1. Juni 2009 (https://www.shiatsu-austria.at/index.php/newsletter/newsletter-archiv/finish/43-newsletter-archiv/1114-shiatsu-newsletter; Zugriff 6. Juni 2017; Link aktuell nicht mehr verfügbar).