Muskelfasertypen

Muskeln bestehen aus unterschiedlichen Fasertypen, die unterschiedliche Eigenschaften in der Art ihres Stoffwechsels, ihrer Kapillarisierung und ihrer Kontraktionsgeschwindigkeit aufweisen. Unterschieden werden die Muskelfasern nach ihren Erregungscharakteristika:

  • Typ-I-Fasern (SO: slow oxidativ glycolytic fibers; langsame oxidative Fasern),
  • Typ-II-Fasern (FOG: fast oxydativ glycolytic fibers; schnelle oxidative Fasern) und
  • Typ-IIIa/c-Fasern (FG: fast glycolytic fibers; schnelle glykolytische Fasern);

nach ihrer Kontraktionseigenschaft:

  • ST-Fasern (slow twitch fibers; langsam zuckende Fasern),
  • FT-Fasern (fast twitch fibers; schnell zuckende Fasern) und
  • Intermediärtyp (entspricht FGO);

nach ihrer Farbe:

  • rote Muskeln (entsprechen SO) und
  • weiße Muskeln (entsprechen FG).

Man geht davon aus, dass der Anteil an den verschiedenen Muskelfasertypen weitestgehend genetisch vorgegeben ist und sich bei den meiisten Menschen die Waage hält.[1]Bei farbigen Sprintern konnte allerdings ein deutliches Überwiegen der schnellzuckenden (fast twitch) Muskelfasern festgestellt werden. Im Gegensatz zum schnellen (weißen) Muskelfasertyp, der kaum vermehrt werden kann, spricht vieles dafür, dass intermediäre Muskelfasern durch Ausdauertraining in ST-Fasern (rote Fasern) umgewandelt werden können. Eine Umwandlung von “roten” zu “weißen” Muskelfasern hingegen scheint nicht möglich.


Rote Muskelfaser (ST-Faser, slow twitch, Typ-I-Faser, tonische Muskelfaser)

Die rote (dunkle) Muskelfaser spricht auf Reize vergleichsweise langsam an, hat eine längere Kontraktionszeit, atrophiert und ermüdet langsam. Rote Muskelfasern haben einen – im Vergleich zur weißen Muskelfaser – geringeren Durchmesser, eine geringere Kontraktions- und Membranleitungsgeschwindigkeit[2]Die axonale Leitungsgeschwindigkeit beträgt ca. 30 bis 40 m/s, die Kontraktionszeit für eine Einzelzuckung ca. 100 ms. und neigen zur Verkürzung.

ST-Fasern werden über langsam leitende Nervenbahnen innerviert (durch kleine Alpha-Motoneuronen, die ein kontinuierliches Impulsmuster zeigen) und ihr Stoffwechsel ist vor allem charakterisiert durch ihren Reichtum an Glykogen und Enzymen des aeroben Stoffwechsels. Eine Umwandlung von FT-Fasern (weiße Muskelfasern) in ST-Fasern (rote Muskelfasern) ist durch Training möglich, die Umkehrung von ST- in FT-Fasern jedoch nicht. Nach Abbruch des Ausdauertrainings kehrt die vorübergehend umgewandelte Faser wieder zu ihrem ursprünglichen Fasertyp zurück.

Die “rote” (langsame) Muskelfaser ist durch ihren Gehalt an Myoglobin (roter Muskelfarbstoff, der Sauerstoff speichern kann), eine große Anzahl von Mitochondiren (“Kraftwerke der Zelle”, in denen die oxidative Verbrennung von Glukose und Fettsäuren stattfindet), einem relativ niedrigen Glukosegehalt und hoher Konzentration von oxidativen Enzymen[3]Typ-I.-Fasern haben einen hohen Gehalt an ATPase und eine niedrige Konzentration an SDH (Succinatdehydrogenase). (Biokatalysatoren für die die aerobe Glykolyse und Fettverbrennung) auf die aerobe Energiebereitstellung und damit auf die Ausdauerleistung mit geringer Kraftentwicklung spezialisiert. Sie findet sich vorwiegend in der “roten” Muskulatur und besitzt eine effektive Energieversorgung durch eine gute Kapillarisierung.


Weiße Muskelfaser (FT-Faser, fast twitch, Typ-IIb-Faser, phasische Muskelfaser)

Die weiße (helle) Muskelfaser spricht auf Reize sehr schnell an, ermöglicht kräftige Kontraktionen, neigt aber zur Abschwächung, atrohiert leichter und ermüdet schneller als die rote Muskelfaser. Sie kontrahiert etwa doppelt so schnell wie rote ST-Fasern und auch ihre Membranleitungsgeschwindigkeit ist mehr als doppelt so hoch. Im Vergleich zur roten Muskelfaser ist sie relativ dick.

FT-Fasern werden über schnell leitende Nervenbahnen (ca. 70 bis 120 m/s) innerviert (durch große ALpha-Motoneuronen, die ein diskontinuierliches Impulsmuster zeigen). Ihr Stoffwechsel ist vor allem durch einen Reichtum an engergiereichen Phosphaten, Enzymen der anaeroben Energiegewinnung und Glykogen charakterisiert und damit für ihre Arbeitsweise im vornehmlich anaeroben Bereich gut ausgestattet.

Die “schnellen” Muskelfasern (Typ-IIa/b/c-Fasern) sind gekennzeichnet durch einen hohen Gehalt an energiereichen Phosphaten und Enzymen, die diese spalten sowie Glykogen ohne Sauerstoff abbauen können. Sie sind auf die anaerobe Energiebereitstellung, also Kraft und Schnelligkeit spezialisiert.

Typ-IIb-Fasern weisen einen hohen Glykogen- und einen niedrigen Mitochondiengehalt auf. Ihre Energiebereitstellung erfolgt sehr rasch, vor allem über die Glykoloyse. Sie sind wichtig für kurze und intermittierende Belastungen mit hoher Kraftentwicklung.


Intermediärtyp (FTO, Typ-IIa/c-Faser)

Die Eigenschaften des Intermediärtyps liegen zwischen denen von hellen und dunkler Muskelfasern.[4]Die axonale Leitungsgeschwindigkeit beträgt ca. 40 bis 90 m/s. die Kontraktionszeit für eine Einzelzuckung ca. 50 bis 90 ms. Es scheint, als ob sich insbesondere dieser Muskelfastertyp durch Training gut in die eine oder andere Richtung beeinflussen lässt.

Typ-IIa-Fasern sind Fasern mit hoher Ermüdungstendenz und einem hohen Gehalt an glykolytischen und oxidativen Enzymen, die bei länger ausgeführten Kontraktionen mit relativ hoher Kraftentwicklung benötigt werden. Typ-IIc-Fasern weisen je nach Training eher Typ-I- oder Typ-II-Eigenschaften auf.

Der Unterschied zwischen Typ-I-Fasern und Typ-II-Fasern ist wesentlich durch die Kombination von leichten und schweren Ketten in der Struktur des Myosin-Moleküls bestimmt.[5]Die Beziehung zwischen histochemischer und funktioneller Einteilung der Muskelfaser ist, so Kurt A. Mosburger, generell relativ locker zu sehen. Durch spezifisches Training kommt es zu einer funktionellen Anpassung der entsprechenden Muskelfasertypen (selektive Hypertrophie). So führt Ausdauertraining zu einer besseren Sauerstoffversorgung der “roten” Fasern,und die Hypertrophie der “weißen” Fasern bewirkt eine entsprechende Steigerung von Kraft und Schnelligkeit.


Geschlechtsspezifische Unterschiede

Männer und Frauen unterscheiden sich bezüglich ihrer Veranlagung. Ihr prozentueller Anteil an Muskulatur ist wesentlich geringer und auch ihre Maximalkraft:

  • Männer haben ca. 42 Prozent Muskelanteil am Körpergewicht, Frauen nur ca. 32 bis 36 Prozent.
  • Frauen haben nur ca. 60 bis 80 Prozent der Maximalkraft des Mannes.
  • Der Kraftzuwachs zwischen dem 6. bis zum 26. Lebensjahr beträgt bei Männern das etwa 5-fache, bei Frauen etwa das 3-fache.


Quelle

Jürgen Weineck: Optimales Training. Spitta Verlag 2003

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Bei farbigen Sprintern konnte allerdings ein deutliches Überwiegen der schnellzuckenden (fast twitch) Muskelfasern festgestellt werden.
2 Die axonale Leitungsgeschwindigkeit beträgt ca. 30 bis 40 m/s, die Kontraktionszeit für eine Einzelzuckung ca. 100 ms.
3 Typ-I.-Fasern haben einen hohen Gehalt an ATPase und eine niedrige Konzentration an SDH (Succinatdehydrogenase).
4 Die axonale Leitungsgeschwindigkeit beträgt ca. 40 bis 90 m/s. die Kontraktionszeit für eine Einzelzuckung ca. 50 bis 90 ms.
5 Die Beziehung zwischen histochemischer und funktioneller Einteilung der Muskelfaser ist, so Kurt A. Mosburger, generell relativ locker zu sehen.