Geschichte von Shiatsu

Während Akupunktur und die traditionelle chinesische Medizin auf eine über tausendjährige Geschichte zurückblicken können, ist Shiatsu im Vergleich dazu eine noch recht junge Behandlungstechnik. Entstanden ist Shiatsu in Japan nämlich erst zu Beginn unseres Jahrhunderts infolge der Unzufriedenheit mit der damals verflachten und nicht mehr zu Heilzwecken verwendeten „Japanischen Massage” (Anma).

Noch vor etwa dreihundert Jahren hatte Anma als manuelle Behandlungstechnik einen festen Platz in der Ausbildung der japanischen Ärzte. Um das energetische System des Menschen im wahrsten Sinne zu begreifen und um die Anatomie, den Verlauf der Meridiane und die Lage der Energiepunkte zu lernen, studierten die traditionellen Ärzte Anma. Sie wandten diese manuelle Behandlungsmethode auch alternativ zu Akupunktur oder Kräuterheilkunde an.

Im Lauf der Jahre jedoch verlor sich die therapeutische Anwendung von Anma mehr und mehr, so dass schließlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts Massage nur noch der Entspannung und dem Lustgewinn diente. Um sich gegen diese Formen der Behandlung abzugrenzen und zugleich den restriktiven gesetzlichen Bestimmungen zu entgehen, wurde die neu entwickelte Form der Körperarbeit, in die auch westliche anatomische und physiologische Konzept eingeflossen sind, Shiatsu (wörtlich „Fingerdruck”) genannt.

Vor allem Tokujiro Namikoshi ist es zu verdanken, dass Shiatsu als Heilmethode einen festen Platz im japanischen Gesundheitssystem erlangte.1964 wurde Shiatsu vom japanischen Gesundheits- und Wohlfahrtsministerium als eine von Anma und anderen Massage-Techniken unabhängige und eigenständige Behandlungsmethode anerkannt: „Shiatsu ist eine Form von manueller Behandlung, ausgeführt mit den Daumen, anderen Fingern und den Handflächen, ohne Zuhilfenahme irgendwelcher Instrumente. Durch Druck auf die menschliche Haut beseitigt sie innere Fehlfunktionen, fördert und erhält die Gesundheit und behandelt spezielle Krankheiten”.

Shiatsu, so wie es hier bei uns viele Jahre später bekannt geworden ist, lässt sich aber nicht als eine klar definierte Behandlungsmethode verstehen, sondern vielmehr als ein Oberbegriff verschiedener Stile und Schwerpunkte, die sich durchaus auch unterscheiden, in ihrem wesentlichen Kern aber auf den gleichen Grundlagen und Ansätzen beruhen.

Aus Japan (und im Falle von Ohashiatsu eigentlich aus den Vereinigten Staaten) haben sich bei uns in Europa vor allem vier Richtungen des Shiatsu verbreitet und in der Folge auch weiterentwickelt. Es sind dies – neben anderen – die Stile von Tokujiro Namikoshi, von Shitsuto Masunaga (Iokai-Shiatsu), das Barfuß-Shiatsu von Shizuko Yamamoto und Ohashiatsu, die von Wataru Ohashi entwickelte Variante des Shiatsu.

Während Shiatsu in Japan also schon sehr früh Anerkennung und Einbindung in das bestehende Medizinsystem fand, führte es in Europa lange Zeit gleichsam nur ein Schattendasein und war nahezu unbekannt. Erst in den letzten Jahren gewinnt diese einfühlsame und doch so effektive Form der Behandlung mehr und mehr an Bekanntheit und Beachtung und die berufliche Anerkennung.